Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Kinderporno im Klassenchat
Mehr Ermittlungen gegen Minderjährige
Berlin. Erst werden Mädchen oder Jungen in Chats mit Komplimenten eingewickelt, darauf folgen sexuelle Belästigung und die Aufforderung, intime Bilder und Videos zu schicken. Im Internet geben sich Sexualtäter nicht selten als Jugendliche aus. Die jüngste Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS 2018) zeigt allerdings auch, dass die Tatverdächtigen bei derartigen Delikten zunehmend selbst noch unter 18 sind. „Ihre Zahl ist in den letzten Jahren massiv angestiegen“, sagt der Kriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger. „Der Hauptgrund ist offenbar, dass Minderjährige immer früher ein Smartphone besitzen, ohne die entsprechende Medienbildung zu erhalten.“
Zu unterscheiden seien aggressive junge Täter, die sich des Unrechts ihrer Handlungen bewusst sind, und solche, die sich teilweise unwissentlich strafbar machten, sagt der Wissenschaftler von der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg. Wenn ein 14-Jähriger ein pornografisches Nacktbild seiner ein Jahr jüngeren Freundin bekomme, handele es sich um Kinderpornografie. Seit 2015 sind auch Bilder von ganz oder teilweise unbekleideten unter 14-Jährigen in „unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung“Kinderpornografie.
Eltern stehen in der Pflicht
Die Schule ist ein Tatort: Es kommt vor, dass die Polizei nach dem Auftauchen von Kinderpornos in Klassenchats die Handys von Dutzenden Schülern einsammelt und überprüft. Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Lehrergewerkschaft GEW, sieht vor allem die Eltern in der Verantwortung, ihrem Nachwuchs nicht unbeaufsichtigt Tablet und Smartphone zu überlassen. „Die Aufklärung muss intensiver werden und sollte schon im Kindergarten anfangen“, meint Hoffmann. Bereits in der Grundschule könnten Sexting und Cybermobbing angesprochen werden. Sexting ist das einvernehmliche Hin- und Herschicken von selbst produzierten erotischen Fotos und Videos. Problematisch wird es, wenn der Empfänger Bilder an andere weiterleitet. (dpa)