Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Millionen für sozialen Wohnungsbau in Thüringen nicht abgerufen
Von den rund 12.800 im Freistaat neu gebauten Wohnungen seit 2015 sind gerade einmal 255 Sozialwohnungen
Erfurt. Thüringens Landesregierung hat bisher nur einen kleinen Betrag der vom Bund seit vier Jahren bereitgestellten Fördersumme für sozialen Wohnungsbau auch wirklich ausgezahlt. Ein Sprecher des zuständigen Infrastrukturministeriums nennt auf Nachfrage rund 37 Millionen Euro. Dagegen hat die Bundesregierung seit 2016 dem Freistaat jährlich in Raten insgesamt rund 269 Millionen Euro zur Förderung des sozialen Wohnraums überwiesen. Seit 2015 wurden durch das Thüringer Infrastrukturministerium in diesem Bereich etwa 1100 Projekte mit einer Gesamtfördersumme von 114,12 Millionen Euro bewilligt. Den vergleichsweise niedrigen Betrag tatsächlich ausgezahlten Geldes begründet der Behördensprecher unter anderem mit „teilweisen Ratenzahlungen“genehmigter Mittel. Außerdem würden sich „angemeldete und bewilligte Projekte noch in der Planungsphase“befinden, weshalb die Gelder bisher nicht abgerufen werden konnten. Das Ministerium geht zudem davon aus, dass nicht alle bewilligten Projekte im Bereich sozialer Wohnungsbau umgesetzt werden.
Aktuell entstehen in Thüringen insgesamt 1040 geförderte Wohnungen. 500 weitere Wohnungen befinden sich in der Planung. Dafür sei ein Fördermittelbedarf von etwa 90 Millionen Euro angemeldet, heißt es. Der Bau von Eigentumswohnungen wird mit diesem Geld nicht unterstützt.
Die verbleibenden knapp 155 Millionen Euro aus der Fördersumme des Bundes sind vorerst im Thüringer Wohnungsbauvermögen angelegt, ergänzte gestern eine Ministeriumssprecherin. Sie bilden eine Rücklage, um in den nächsten Jahren zu erwartende Wohnungssanierungen bei Wohnungsgesellschaften unterstützen zu können. Zwischen 2015 und 2018 wurden im Freistaat 255 Sozialwohnungen fertiggestellt. Das sind Wohnungen, für die über eine gewisse Zeit – zumeist 20 bis 30 Jahre – eine Mietpreisbindung gilt oder eine Belegungsbindung. Damit darf sich nur einmieten, wer die sozialen Voraussetzungen erfüllt. Insgesamt entstanden im genannten Zeitraum nach Ministeriumsangaben im Freistaat 12.830 neue Wohnungen. Der Anteil der Sozialwohnungen am gesamten Thüringer Wohnungsneubau beträgt in den vergangenen fünf Jahren gerade einmal 1,9 Prozent.
Der Freistaat fördert den sozialen Wohnungsbau zum Großteil über drei Programme. Den Neubau unterstützt das Innenstadtstabilisierungsprogramm. Zudem gibt es Zuschüsse für die Modernisierung von Mietwohnungen und den barrierefreien Umbau, wie für den Einbau eines Fahrstuhls. Mehrere Studien hatten darauf verwiesen, dass Thüringen in Ballungszentren wie Erfurt oder Jena Wohnraum, darunter auch Sozialwohnungen, fehlen.