Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Nachhaltige ökonomische Bildung nötig
Verband der Familienunternehmer in Thüringen stellt Studie vor und debattiert über Grundwissen bei Schülern
Erfurt. Heutzutage Unternehmer zu werden – und sei es als Nachfolger im Familienbetrieb – ist eh schon schwer genug: „Die jüngere Generation wünscht sich zum einen eine ausgewogenere Work-Life-Balance. Zum anderen ist sie durch extreme Steuerlasten oder überbordende Bürokratie demotiviert“, sagte jüngst Colette Boos-John. Die Bauunternehmerin hat zwar mit ihren Söhnen die Weiterführung gesichert. Aber in vielen anderen Unternehmen in Thüringen stellt sich die Situation sehr viel schwieriger dar. Und auch die Zahl der jungen Leute, die selbst ein Unternehmen gründen oder als Nicht-Familienmitglieder in eine bestehende Firma als Chefs einsteigen, ist eher klein. Gründe gibt es viele. Die mögen von einer mehr auf Freizeit und Familie ausgerichteten Lebensführung bis hin zur Furcht vor überbordender Bürokratie reichen. Ein Grund aber können auch Schulbücher sein, die das Unternehmertum zu wenig beleuchten.
Der Verband der Familienunternehmen in Thüringen legt am morgigen Mittwoch daher eine Studie des Zentrums für ökonomische Bildung zu Schulbüchern vor, die in Thüringen zum Einsatz kommen. Generell könne gesagt werden, „dass zwischen den untersuchten Schulbüchern große Unterschiede bestehen bei der Behandlung ökonomischer Themen. Auf der einen Seite stehen Bücher, die in den Fächern Geografie und Geschichte ökonomische Themen aus ihrer fachspezifischen Sichtweise behandeln. Auf der anderen Seite stehen Schulbücher für
Wirtschaft und Recht, die eine solide ökonomische dung abzielen“, heißt es. Offenbar mangelt es schon bei der Vermittlung der Grundlagen. „Den Geschichtsbüchern gelingt es nur eingeschränkt, die
auf BilRegelsysteme von Sozialer Marktwirtschaft und Planwirtschaft den Schülern erfahrbar zu machen“, zeigt sich nach der Untersuchung. „Der ordnungs
politische Gedanke der Sozialen Marktwirtschaft – funktionsfähiger Markt und soziale Verantwortung, eingebettet in einen stabilen Ordnungsrahmen – wird nicht lebensnah vermittelt“, kritisieren die Autoren der Studie. Diskutiert und gut gelöst werde dagegen die Frage der Gerechtigkeit in den Schulbüchern für Sozialkunde sowie Wirtschaft und Recht. Offenbar darf beim Blick in die Schulbücher im Fach Sozialkunde nur in seltenen Fällen damit gerechnet werden, dass „Personen, die untrennbar mit unternehmerischem Handeln verknüpft sind“, Erwähnung finden. Dabei hat gerade Thüringen hier einiges zu bieten – und zwar nicht nur mit Blick auf Abbe und Zeiss. Lob gibt es für Schulbücher für Wirtschaft und Recht: Dort „wird ein ausführliches und faires, in vielen Fällen positiv gezeichnetes Unternehmerbild präsentiert. Die Wirtschaftsordnung wird ausführlicher und kompetenter behandelt als in den anderen Schulbüchern“, heißt es. Negativ fiel auf, dass „auch hier vereinzelt das Klischee vom ausbeuterischen Unternehmer nach wie vor präsent“sei. Die Schulbuchstudie kommt zu dem Ergebnis, dass nur die Schulbücher für Wirtschaft und Recht geeignet seien, „eine nachhaltige ökonomische Bildung zu vermitteln. Die Schulbücher können eine Grundlagenvermittlung schulbuchmäßig stützen“, heißt es. Als Handlungsempfehlung für Thüringen wird neben einer Verbesserung des Lehr- und Lernmaterials genannt, dass „die Engpässe an Lehrern dringend beseitigt werden müssen“. Der Verband macht deutlich, dass es „einer gesonderten Bildungsanstrengung“bedarf, „um zu wissen, wie Wirtschaft als grundlegender Baustein unseres Sozialstaates funktioniert“. Gerade die Ausbildung in den naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern (Mint) müsse „in den bildungspolitischen Fokus zur Sicherung des FachkräfteNachwuchses und der Innovationskraft“rücken. Wichtig sei es, die Lehrkräfte dafür entsprechend zu schulen und auszubilden, heißt es.
„Bei vielen Familienunternehmen gestaltet sich die Nachfolge mittlerweile schwierig.
“Colette Boos-John, Bau-Unternehmerin in Thüringen und Verbandschefin
• Mittwoch, . August, Uhr, Ballsportfabrik, Hirschlachufer , Erfurt: Vorstellung der Studie und BildungspolitikDebatte mit Thomas L. Kemmerich (FDP), Astrid RotheBeinlich (Grüne), Torsten Wolf (Linke), Christian Tischner (CDU), Thomas Hartung (SPD)