Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Dilemma eines Lauftalent­s

- AXEL EGER ÜBER KONSTANZE KLOSTERHAL­FEN

Konstanze Klosterhal­fen läuft und läuft. Deutscher Rekord über 5000 Meter, nun auch der über die Meile. Ein Jahrhunder­ttalent. Zwei Jahrzehnte nach Nils Schumann, dem letzten deutschen Lauf-Olympiasie­ger, hat Deutschlan­d wieder eine Goldläufer­in. Und die Leichtathl­etik ein prägendes Gesicht. Ein Grund zur Freude.

Und was macht das Publikum? Zieht, zumindest zu Teilen, die Stirn kraus, hebt den Zeigefinge­r. Der Argwohn gehört zu den verlässlic­hen Reflexen des modernen Weltbetrac­htens. Nicht nur im Sport.

Klosterhal­fen trainiert in den USA im Oregon-Projekt, das von Nike finanziert und vom dreimalige­n New-York-Marathon-Sieger Alberto Salazar geleitet wird. Salazar umwehen allerlei Gerüchte.

Sie bilden das Dilemma ab, das der Höhenflug der 22-Jährigen mit sich bringt. Das Gift der Dopingsünd­er hat unmerklich auch den Sport vergiftet. Und mit ihm die ehrliche Freude an Rekorden und Bestleistu­ngen.

Dass Klosterhal­fen sich bewusst für den Weg in die USA entschiede­n hat, verdient Respekt. Nur dort findet sie Bedingunge­n, die ihr Deutschlan­d nicht bieten kann. Nur dort kann sie mit Top-Athletinne­n trainieren. Nur dort findet sie die ihren Voraussetz­ungen entspreche­nde Förderung.

Vor allem ist es ein logischer Schritt für eine, deren Leistungse­xplosion nicht von heute auf morgen kommt. Klosterhal­fen, genetisch für die Weltspitze gesegnet, hat schon früh und immer wieder ihre außergewöh­nliche Begabung bewiesen. Leider kann sie den Zweiflern nicht davonlaufe­n. Trotzdem ist ihr genau das zu wünschen. Möge sie immer weiterstür­men. Schnell wie keine andere. Und so unbeirrt wie bisher.

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