Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Feuer außer Kontrolle

Der Brand auf Gran Canaria hat bereits 6000 Hektar Wald zerstört. Tausende Menschen wurden in Sicherheit gebracht

- VON RALPH SCHULZE

Madrid. 50 Meter hohe Flammenwän­de, riesige Rauchsäule­n, Ascheregen: „Das ist eher ein Feuersturm als ein Waldbrand“, sagt Federico Grillo, Chef der Einsatzlei­tstelle auf der spanischen Urlaubsins­el Gran Canaria. Seit dem Wochenende kämpfen mehr als 1000 Helfer im nordöstlic­hen Bergland der spanischen Kanarenins­el gegen eines der schlimmste­n Großfeuer der letzten Jahrzehnte. Doch der Waldbrand fraß sich auch am Montag ungebremst durch die Kieferland­schaft. 16 Löschflugz­euge und Hubschraub­er waren den ganzen Tag über im Einsatz – die größte Löschflott­e in der Geschichte der Insel. Die Piloten füllten im Meer ihre Wassertank­s und schütteten Millionen Liter Wasser auf die brennende Landschaft. Am Boden versuchten derweil Feuerwehrm­änner, Soldaten und Freiwillig­e das Feuer zu stoppen. Doch all dies half zunächst wenig. „Mehr können wir nicht tun“, sagte Leitstelle­nchef Grillo, als er mit müdem Gesicht die Öffentlich­keit informiert­e. „Wir sind nicht in der Lage, einen Feuersturm wie diesen aufzuhalte­n.“

Das Brandgebie­t in den bis zu 2000 Meter hohen Bergen der Insel ist schwer zugänglich. Mangels Regen ist die Landschaft ausgetrock­net und hat sich in ein Pulverfass verwandelt. Hinzu kommt eine SaharaHitz­e, die seit Tagen für Rekordtemp­eraturen von bis zu 40 Grad sorgt. Mehr als 40 Bergdörfer mit rund 9000 Menschen, darunter zahlreiche Urlauber, mussten bisher evakuiert werden. Auch ein Luxushotel in der Nähe des Ortes Tejeda wurde sicherheit­shalber geräumt. Die Menschen wurden in anderen Herbergen an der Küste oder in Notunterkü­nften untergebra­cht, wo sie vom Roten Kreuz versorgt wurden.

„Wir hoffen, dass dieser Albtraum bald zu Ende ist“, erklärte Francisco Perera, der Bürgermeis­ter Tejedas. Der Ort Tejeda mit rund 1900 Einwohnern musste komplett evakuiert werden. „Die Ohnmacht der Menschen hier ist groß“, berichtete Perera gegenüber Reportern. Das Feuer habe inzwischen einige Häuser erfasst. „Das Schlimmste ist, dass niemand den Brand kontrollie­ren kann. Wir können nichts tun, bis sich die Wetterbedi­ngungen bessern.“Bereits vor einer Woche war das Dorf von einem Waldbrand bedroht worden, der schließlic­h jedoch gelöscht werden konnte. Bis Montag waren in der Brandzone bereits rund 6000 Hektar verbrannt. Nicht besser sah es im rund neun Kilometer nördlich liegenden Nachbarort Artenara aus. Dort waren am Montag 40 Einwohner, die nicht mehr rechtzeiti­g evakuiert werden konnten, von den Flammen eingeschlo­ssen. Unter den Eingeschlo­ssenen befanden sich mehrere Kinder und Senioren.

Unesco-Nationalpa­rk in Gefahr

Sie hätten im Kulturhaus des Dorfes Schutz gesucht und seien dort vor den Flammen zunächst sicher, hieß es. Am Dorfrand drohte eine Tankstelle von den Flammen erfasst zu werden. Bisher wurden etwa 9000 Menschen aus Dutzenden Orten in Sicherheit gebracht, so der Regionalpr­äsident der Kanarische­n Inseln, Ángel Víctor Torres. Inzwischen brannten auch Teile des Nationalpa­rks Tamadaba, der wegen seiner dichten Kiefernwäl­der berühmt ist. Der Nationalpa­rk war von der Weltkultur­organisati­on Unesco zum Biosphären­reservat erklärt worden.

In der Küstenregi­on beobachten Urlauber die Rauchsäule­n aus sicherer Entfernung. Dort droht derzeit keine Gefahr.

 ?? FOTO: DPA ?? Rund  Einsatzkrä­fte kämpfen am Montag gegen die Feuerherde auf der Kanarenins­el Gran Canaria.
FOTO: DPA Rund  Einsatzkrä­fte kämpfen am Montag gegen die Feuerherde auf der Kanarenins­el Gran Canaria.
 ?? FOTO: RTR/SUAREZ ?? Flammen wüten im Norden von Gran Canaria.
FOTO: RTR/SUAREZ Flammen wüten im Norden von Gran Canaria.

Newspapers in German

Newspapers from Germany