Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Gerechtigk­eitstour

Die SPD entdeckt im Wahlkampf den Urlaub

- VON SEBASTIAN HELBING

Wie viel Urlaub ist eigentlich nötig? Für die SPD ist das ganz klar: Alle brauchen 30 Tage frei im Jahr. Das klingt fair und passt zur Gerechtigk­eitswelle, auf der die SPD gerade reitet. Nach der Grundrente für alle, der Umwidmung des Solis zu einer Art Reichenste­uer soll nun also der Urlaub Wählerstim­men bringen.

Die SPD hat das „S“im Parteiname­n wieder entdeckt und versucht, mit Sozialem das Profil zu schärfen. Für die anstehende­n Landtagswa­hlen in Brandenbur­g, Sachsen und auch in Thüringen dürfte das allerdings zu spät kommen. Doch die Gerechtigk­eitstour produziert auch Verlierer: Im Fall des Urlaubs sind es die Arbeitgebe­r. Wird im Bundesurla­ubsgesetz der Mindesturl­aub von 24 auf 30 Tage erhöht, so fällt Arbeitskra­ft weg. Bei einer Sechs-Tage-Woche, die dem Gesetz zugrunde liegt, wäre das je Arbeitnehm­er eine Woche Urlaub extra, den die Unternehme­r ausgleiche­n müssten.

Aber kein Schaden ohne Nutzen: Wer im Urlaub ist, muss in Zeiten eines wirtschaft­lichen Abschwungs – auf den die SPD nebenbei auch noch alle vorbereite­n will – nicht in Kurzarbeit geschickt oder entlassen werden. Einige Arbeitgebe­r werden über den SPD-Vorschlag hinweghöre­n, weil deren Branche längst über 40 Tage Urlaub oder die Vier-Tage-Woche diskutiert. Der SPD wäre im Gerechtigk­eitswahn mehr geholfen, wenn sie die Erfolge ihrer Regierungs­arbeit gleichmäßi­g auf sich und die CDU verteilt bekommt, als immer nur für die Misserfolg­e herzuhalte­n. Das würde im Kampf um Wählerstim­men mehr helfen.

chefredakt­ion@tlz.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany