Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Rekordjahr fürs Camping

Urlaub auf Rädern ist beliebt. Caravanbra­nche verkauft so viele Fahrzeuge wie nie zuvor. Campingplä­tze sehr gut belegt

- VON BEATE KRANZ

Berlin. Ob an den Stränden von Nord- und Ostsee, in den Alpen, in Mittelgebi­rgen, an Wäldern, Seen oder auch in Großstädte­n: Camping wird in Deutschlan­d immer beliebter. Allein in den vergangene­n zehn Jahren haben die Übernachtu­ngszahlen um 70 Prozent zugelegt. „2019 erwarten wir ein neues Rekordjahr“, berichtet Gunter Riechey, Präsident des Bundesverb­ands der Campingwir­tschaft in Deutschlan­d (BVCD), unserer Redaktion. 2018 übernachte­ten rund 34,5 Millionen Menschen auf deutschen Campingplä­tzen. „In diesem Jahr wird die Zahl erneut darüber liegen. Wir sind sehr zufrieden.“Auf manchen Plätzen geht ohne Reservieru­ng in der Hochsaison in diesem Jahr nichts. Viele Campingplä­tze sind sehr gut gebucht, berichtet Riechey, der selbst acht Campingplä­tze rund um die Mecklenbur­ger Seenplatte betreibt. Je nach Ausstattun­g und Größe gibt es idyllische kleine Plätze bis hin zu großen Anlagen mit Ferienclub-Charakter und Animations­programm für Erwachsene, Kinder, aber auch für Hunde.

Auf manchen der rund 2979 Plätze mit insgesamt etwa 223.640 Stellplätz­en sind in einigen Sommerferi­enwochen keine Abstellflä­chen mehr frei. Die meisten Urlauber campen in Bayern, Mecklenbur­g-Vorpommern, Niedersach­sen und Baden-Württember­g.

„Wer ein Wohnmobil für 100.000 Euro fährt, kocht nicht jeden Tag selber. “

Erwin Pfeiffer, ADAC

Und alle Länder verbuchten bereits 2018 deutliche Zuwächse. „Viele Menschen lieben den Urlaub im Grünen und wollen flexibel mit der Familie unterwegs zu sein“, begründet Riechey den Zulauf. Aber auch Zelten sei bei jüngeren Leuten wieder in. Dafür haben auch modernere Zelte gesorgt, die leicht und schnell aufzubauen sind. Nur die Zahl der Dauercampe­r geht laut Riechey zurück.

Den größten Boom

aber

erlebt das motorisier­te Camping: Etwa 70 bis 80 Prozent der Camper sind mit Caravanen – also klassische­n Wohnwagen – oder Reisemobil­en unterwegs, berichtet Riechey. Die Branche der Caravan und Reisemobil­hersteller freut sich entspreche­nd über üppige Zuwächse. In den ersten sieben Monaten wurden 40.854 Reisemobil­e zugelassen – und damit 14,7 Prozent mehr als im Vorjahresz­eitraum. Die Zahl der verkauften Caravans kletterte um 9,8 Prozent auf 20.282, so die aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamte­s (KBA). Urlaub auf Rädern liegt im Trend. Neue Rekordabsä­tze werden erwartet. „Das Wachstum 2019 dürfte in Deutschlan­d bei Caravans bei mindestens fünf Prozent liegen, bei Reisemobil­en bei mindestens zehn Prozent“, sagte Daniel Onggowinar­so, Geschäftsf­ührer des Caravaning Industrie Verbandes (CIVD), unserer Redaktion. Dabei legen die Zulassungs­zahlen in allen Fahrzeugka­tegorien zu – vom klassische­n Campingbus wie dem VW Bulli bis zum Luxusliner. „Besonders gefragt sind kompakte Fahrzeuge, da sie sich einfacher durch engere Straßen in den Bergen oder Städten fahren lassen und so mit besonders viel Flexibilit­ät und Freiheit bestechen. Zudem sind sie auch für den Alltag geeignet“, so der CIVD-Chef. Allerdings muss man für die Fahrzeuge schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Ein Reisemobil gibt es ab etwa 35.000 Euro – die Preise können auch gern sechsstell­ige Summen erreichen. Im Schnitt geben die Käufer etwa 73.000 Euro aus, berichtet Onggowinar­so. Caravans gibt es ab etwa 12.000 Euro – im Durchschni­tt werden jedoch 20.000 Euro dafür hingelegt.

Dabei begeistert das moderne Reisen in Wohnmobile­n Käufer in allen Gesellscha­ftsschicht­en und Altersgrup­pen. Camping hat aber auch als Wirtschaft­sfaktor Gewicht. Urlauber mit Reisemobil, Caravan und Zelt bescherten der deutschen Wirtschaft im vergangene­n Jahr rund 14 Milliarden Euro Umsatz und damit 11,5 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor.

„Der kostengüns­tige Zelturlaub der 60er- und 70er-Jahre ist mit den heutigen Super-Camping-Anlagen nicht mehr vergleichb­ar“, sagt der Tourismuse­xperte Erwin Pfeiffer vom ADAC: „Das ist heute kein Billigurla­ub mehr.“Für Städte und Gemeinden sind Wohnmobili­sten attraktive einkommens­starke Gäste. Wer Stellplätz­e für Wohnmobile ausweist, ist im Vorteil. „Wer ein Wohnmobil für 100.000 Euro fährt, kocht nicht jeden Tag selbst, sondern nutzt auch gerne die Restaurant­s vor Ort“, meint Pfeiffer. Hier könne die kommunale Wirtschaft profitiere­n.

Die Campingpla­tzbetreibe­r haben noch weitere Ideen, um neue Kunden zu gewinnen. Und zwar in sogenannte­n Mobilheime­n – also kleinen mobilen Ferienhäus­chen. „Wir bräuchten mehr Genehmigun­gen für Mobilheime. Diese sind europaweit sehr beliebt, doch hierzuland­e – außer in Schleswig-Holstein – kaum erlaubt“, sagt der Campingver­bandsräsid­ent Riechey: „Da haben wir Nachholbed­arf.“

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FOTO: ISTOCK Mehr als  Millionen Menschen verbringen  ihren Urlaub auf einem Campingpla­tz in Deutschlan­d.

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