Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Mögen die digitalen Spiele beginnen
In Köln zeigt die Messe Gamescom Neuheiten der Milliardenbranche. Worauf sich die Fans freuen dürfen
Köln. Es blitzt, es kracht – die Gamescom hat ihre Pforten geöffnet. Auf der weltgrößten Videospielmesse in Köln können bis Samstag zahlreiche Weltneuheiten und für die kommenden Monate angekündigte Titel angespielt werden. 1150 Aussteller aus mehr als 50 Nationen verwandeln die Messehallen am Rhein wieder in eine riesige Spielhalle. Worauf sich die Gamer freuen dürfen.
Längst aber sind es nicht mehr ausschließlich Kinder oder Jugendliche, die von den Herstellern umgarnt werden. Das Durchschnittsalter der Nutzer von Computer- und Videospielen liegt hierzulande inzwischen bei 36 Jahren, teilt der Branchenverband Game mit. Jeder zweite Deutsche spiele. Im ersten Halbjahr 2019 sei der Umsatz um elf Prozent auf 2,8 Milliarden Euro gewachsen, weltweit wurden im vergangenen Jahr 140 Milliarden Dollar mit Videospielen umgesetzt. Zum Vergleich: An den Kinokassen waren es 42 Milliarden Dollar. Das beherrschende Thema dieser Gamescom ist das sogenannte Cloud–Gaming. Spiele laufen nicht mehr auf der eigenen Konsole oder dem eigenen Rechner, sondern auf externen Servern, mit denen der Kunde, der ein Abo abschließt, über das Internet verbunden ist – so ähnlich, wie es Spotify mit Musik oder Netflix mit Filmen und Serien macht.
Vorteil: Alles lässt sich auch auf älteren Geräten oder leistungsschwächeren Smartphones oder Tablets spielen, weil der Server die Rechenleistung für aufwendige Grafiken übernimmt. Nachteil: Ohne schnelle Internetverbindung läuft gar nichts.
Sony bietet mit Playstation Now einen solchen Dienst schon länger an, auch über Microsofts Xbox oder Windows 10 lassen sich Spiele streamen. Die Deutsche Telekom hat zu Wochenbeginn „Magentagaming“vorgestellt, die Firma Medion schon vor einiger Zeit ein vergleichbares Angebot. Nun aber rücken die Giganten aus dem Internet an. Nicht nur Amazon ist ins Game-Streaming eingestiegen, auch Google rührt noch einmal kräftig die Werbetrommel für sein Streaming-Portal Stadia und präsentiert erste Spiele, die exklusiv darüber erhältlich sein werden.
Ein weiterer Trend sind Spiele kleiner Programmiererteams, sogenannte IndependentGames. Als „independent“, also unabhängig, gilt in der Branche, wer nicht mehr als 50 Mitarbeiter hat und maximal fünf Millionen Euro im Jahr umsetzt. Einen Vorgeschmack lieferte die Eröffnungsfeier, bei der Weltpremiere auf Weltpremiere über die Videoleinwand flimmerte. „Gears of War 5“, die Hubschraubersimulation „Comanche“oder die Weltraumsimulation „Kerbal Space Program“: Längst sind die Trailer, mit denen die neuen, immer realistischer werdenden Spiele angekündigt und beworben werden, so aufwendig wie jene für große Kinofilme. Die ersten Szenen des ungewöhnlichen, aber grafisch atemberaubenden Open-World-Adventures „Death Stranding“zeigte der Kultdesigner Hideo Kojima persönlich.
In „Humankind“, das 2020 veröffentlicht werden soll, geht es um nicht weniger als die Menschheitsgeschichte. Die Szenen des Spiels von Sega und Amplitude zeigen den Stil der „Civilization“-Reihe, ein Trailerfilm mit einem Neandertaler in einer Raumkapsel macht Hoffnung auf mehr.
Bis Samstagabend werden auf der Gamescom um die 370.000 Besucher erwartet, für Freitag und Samstag sind die Tickets bereits ausverkauft. (mit dpa)