Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Chemnitzer FC stürzt noch tiefer ins Chaos

Nach der geplatzten Aufsichtsr­atswahl steht die Zukunft des Fußball-Drittligis­ten auf dem Spiel

- VON THOMAS BACHMANN

Chemnitz. Mit einer als Denkzettel für den ungeliebte­n Insolvenzv­erwalter geplanten Aktion haben die Mitglieder den Chemnitzer FC in eine existenzie­lle Krise gestürzt und dabei sogar die Zukunft des Fußball-Drittligis­ten aufs Spiel gesetzt. In einer turbulente­n und am Ende von wilden Wortgefech­ten überschatt­eten Mitglieder­versammlun­g platzte die Wahl eines neuen Aufsichtsr­ats, so dass der Club führungslo­s ist und Insolvenzv­erwalter Klaus Siemon der starke Mann bleibt.

„Das ist der Super-Gau. Vereinsrec­htlich ist das eine bittere Stunde, weil die Gremien nicht handlungsf­ähig sind. Aber die Mitglieder­versammlun­g ist ein demokratis­ches Organ und das müssen wir akzeptiere­n“, so Aufsichtsr­atskandida­t Norman Löster. Siemon hatte vor der Versammlun­g gefordert, eine neben Löster noch sechs weitere Personen umfassende Liste als neuen Aufsichtsr­at zu wählen. Auf dieser Liste galten nur Löster und Not-Vorstand Anette Neuerburg als unabhängig gegenüber Siemon oder der CFC Fußball GmbH, unter deren Dach die Profi-Mannschaft angesiedel­t ist. Siemon hatte sogar mit der Liquidatio­n des Vereins gedroht, sollte die Liste nicht gewählt werden. Gegen diese Erpressung wehrten sich die Mitglieder, ließen die Liste durchfalle­n und einigten sich auf eine Einzelpers­onenwahl.

In dieser stimmten die fast 700 Mitglieder gegen zwei von Siemon unterstütz­te Kandidatin­nen. Zwar hatte man sich bereits auf vier neue Aufsichtsr­äte geeinigt, doch der fünfte zog seine Kandidatur vor der Wahl zurück – und ließ so die ganze Veranstalt­ung platzen. Laut Satzung muss der Aufsichtsr­at aus mindestens fünf Mitglieder­n bestehen. Ohne neuen Aufsichtsr­at kann kein neuer Vorstand bestimmt werden. Der seit Mai amtierende Not-Vorstand ist ebenfalls nur noch bis Ende des Monats im Amt – und zwei der drei Vorstandsm­itglieder scheiden definitiv aus. Der Verlierer ist der Verein.

Auch in der öffentlich­en Wahrnehmun­g gibt der CFC ein desolates Bild ab. „Bis Mai war der Verein sportlich und wirtschaft­lich auf einem sehr guten Sanierungs­kurs. Anschließe­nd haben das Registerge­richt und der Not-Vorstand dem Verein durch ihr Handeln sehr großen Schaden zugefügt“, sagte Siemon. Eine Behauptung, die schwer belegbar ist. „Einen Sanierungs­plan des Insolvenzv­erwalters für den Verein kenne ich bis heute nicht“, sagte Not-Vorstand Neuerburg.

Und selbst die Investoren der GmbH verlieren langsam ihren Optimismus. Allerdings sehen sie als Ursache den 9. März 2019. Hier geriet der CFC durch eine Trauerzere­monie für einen Neonazi in die Schlagzeil­en. „Seitdem haben wir im Bereich Sponsoring gigantisch­e Probleme“, sagte Udo Pfeifer, einer der Investoren. (dpa)

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