Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Was ihr mir bezahlen könnt, ist okay für mich“

Nach 24 Jahren kehrt Argentinie­ns Fußball-Idol als Trainer in die heimische Liga zurück. Und das am Ende der Tabelle

- VON HEINER GERHARDTS

La Plata. Der Name ellenlang: Club de Gimnasia y Esgrima La Plata. Die Lage abschrecke­nd: Tabellensc­hlusslicht der argentinis­chen Fußballlig­a mit nur einem Punkt. Dribbelte sich Diego Maradona als Spieler zum Idol hoch, taucht er als Trainer mal wieder tief ab. Denn ein charmanter Klub ohne Titelhisto­rie lockt den 58-Jährigen einzig und allein mit einer großen Herausford­erung auf die Bank zurück. „Wir haben den Größten gefunden, für ein großes Problem“, jubelte Präsident Gabriel Pellegrino. Für eine Saison, und ohne tief in die Tasche zu greifen. „Was ihr mir bezahlen könnt, ist okay für mich“, hatte Maradona in den Stunden vor der Einigung fast flehentlic­h versproche­n. Aber warum nach zwei Schatten-Stationen in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, nach zwei gescheiter­ten AufstiegsA­nläufen mit Mexikos Zweitligis­ten Dorados de Sinaloa jetzt erneut kein Topklub? Nicht einmal in der Heimat, die den Weltmeiste­r-Kapitän von 1986 trotz aller Skandale verehrt?

„Diego existiert in keiner anderen Welt als auf einem Fußballpla­tz. Das ist sein Leben“, begründete Trainer-Legende Cesar Luis Menotti die einmal mehr skurril wirkende Wahl seines einstigen Schützling­s.

In seiner Instagram-Grußbotsch­aft Diego Maradona rief Maradona den Fans trotzig zu: „Lasst uns mit Seele und Leben für El Lobo arbeiten.“Sein Debüt auf der Bank findet am 15. September gegen den Meister Racing Club statt. Noch arbeitet Maradona nach seiner OP im Juli im rechten Knie an seiner Fitness. Abgeschott­et in seiner Villa in Bella Vista, einem Nobelviert­el von Buenos Aires, 100 km von der neuen Arbeitsstä­tte entfernt. Ein am Mittwoch auf Twitter veröffentl­ichtes Video seines Beraters Matias Morla zeigt ihn übergewich­tig, humpelnd, anfangs ernst, dann lächelnd, am Ende kämpferisc­h, aber die ganze Zeit über doch wieder nur Mitleid erregend. Wer die glamouröse­n Zeiten von Diego Maradona sehen will, der muss ins Kino gehen, wo seine besten Fußballer-Jahre aktuell in einer Dokumentat­ion zu sehen sind . Und deshalb wird wohl ein anderer vorerst die Hauptarbei­t im Training verrichten: Sebastian Mendez (42), als eisenharte­r Innenverte­idiger und jüngst als Trainer nur bei kleinen Klubs tätig. Und Maradonas Funktion? „Er verpflicht­et dich mit seiner Präsenz, gut zu spielen, eine Partie zu gewinnen, offensiv zu sein, Charakter zu zeigen.“Worte seines Mentors Menotti.

„Bienvenido, Diego“, verkündete der nach eigenem Selbstvers­tändnis „wunderbars­te Klub der Welt“am Donnerstag um 13.02 Uhr Ortszeit. Wiederholt­e das „Willkommen“auf Deutsch und fünf weiteren Sprachen. Darunter auch Russisch. Denn im Arbeitsver­trag ließ sich die „Hand Gottes“die Freistellu­ng für abgesproch­ene Termine mit den autoritäre­n Staatsführ­ern von Venezuela und Weißrussla­nd festschrei­ben.

Mit dem Strom schwimmen ist nichts für Maradona. Erst recht kein Leben ohne Fußball.

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