Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Rosenkavalier sucht Verein
Ich bin unserer jetzt acht Wochen alten Tochter sehr dankbar, dass sie in den Abendstunden unsere volle Aufmerksamkeit einfordert. Denn so blieb mir mittwochabends ein zweifelhaftes TV-Format erspart, das sich meine Frau anderenfalls mit Sicherheit als seichte Unterhaltung gegönnt hätte.
Die „Bachelorette“ist diese Woche mit dem „großen Finale“zu Ende gegangen. Eine blonde, PR-geile Barbie namens Gerda war auf der Suche nach der großen Liebe. Am Ende wurde Keno zu ihrem Ken – der Dürener behauptete sich im Feld der 20 testosterongeschwängerten Sonnyboys, die vorgaben, ebenfalls die große Liebe zu suchen. Dabei hatten sie aber sicher wie Gerda die Zahl ihrer Likes und Follower ganz genau im Blick. Leider begab sich mit David Taylor auch ein eigentlich ambitionierter und veranlagter Basketballer, der zuletzt für die Löwen in Erfurt am Ball war, auf die Jagd nach der letzten Rose. Nach einer Saison mit sportlichen Ups und Downs hatte der Erfurter Drittligist in einer gemeinsamen Auswertung mit Taylor festgestellt, dass der 24-jährige Point Guard nicht bereit zu sein schien, den Sommer zu nutzen, um wie die anderen Löwenspielern an den eigenen Schwächen zu arbeiten und sich einer notwendigen Fußoperation zu unterziehen. „Der Sommer hat uns in dieser Einschätzung bestärkt“, so Löwen-Coach Florian Gut.
Taylor selbst sagte gestern auf Nachfrage, dass es ihm nun erst einmal wichtig sei, fit zu werden, ehe er wieder mit Mannschaften in Kontakt treten werde.
Es scheint heutzutage Usus, dass jungen Sportlern die Aufmerksamkeit in den (sozialen) Medien mindestens genauso wichtig ist wie das Arbeiten an ihrer sportlichen Karriere. Dass sie sich nicht nur als Spieler entwickeln, sondern auch als Celebrity vermarkten wollen. David Taylor schoss die gute Chance in den Wind, sich bei einem ehrgeizigen Drittligisten auf der wichtigsten Position des Spielmachers einen Namen zu machen. Der „Rosenkavalier“bekam nicht nur von Gerda, sondern auch von den Basketball-Löwen einen Korb. Einen Namen gemacht hat er sich in diesem Sommer anderweitig. Ob es seiner sportlichen Karriere genützt hat, ist fraglich.