Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Der Kampf gegen den Brustkrebs lohnt sich Individuel­le Therapie

Dank moderner Medikament­e gilt die Erkrankung heute als gut behandelba­r. Die Therapiefo­rm ist individuel­l

- VON PETRA KORUHN

Die Brustkrebs-Diagnose von Manuela Schwesig (45) hat viele Menschen tief bewegt. Wie der Ministerpr­äsidentin von Mecklenbur­g-Vorpommern geht es jährlich mehreren Zehntausen­d Frauen in Deutschlan­d. Die gute Nachricht: Früh erkannt, ist Brustkrebs heute erfolgreic­h behandelba­r, so Experten. Statistisc­h gesehen ist jede achte Frau im Laufe ihres Lebens von Brustkrebs betroffen. Je älter die Frau ist, desto höher das Risiko, einen Tumor zu entwickeln.

Heilungsch­ancen

Um die Überlebens­raten zu berechnen, hat es sich bewährt, Zeitspanne­n von fünf Jahren zu betrachten, so die Krebsfachg­esellschaf­ten. Bei vielen Krebsarten haben Patienten, die mindestens die ersten fünf Jahre nach der Diagnose überlebt haben, gute Chancen auf eine Heilung, weil Rückfälle danach immer weniger wahrschein­lich werden. Bei Brustkrebs spricht der Spezialist Professor Sherko Kümmel, Leiter des Brustzentr­ums KEM in Essen, von einer Überlebens­chance von 90 Prozent nach fünf Jahren ohne Befund. Die Therapien

Nach der Diagnose durch die Mammografi­e, meist unterstütz­t von einer Biopsie (Gewebeentn­ahme), besteht die Therapie in der Regel aus zwei Bausteinen. Erstens: die sogenannte Lokalthera­pie – eine Operation, verbunden mit Bestrahlun­g. Zweitens: die sogenannte Systemther­apie – etwa Chemothera­pie, Antikörper­therapie oder antihormon­elle Therapie, erklärt Kümmel. Heute setze man aber in jedem Fall auf eine individuel­le Therapie.

Weil sich die Biologie von Brustkrebs stark unterschei­det, wirkt nicht jedes Medikament bei jeder Patientin gleich. Es muss nach den molekulare­n Eigenschaf­ten der Erkrankung gesucht werden. Hier gibt es eine Reihe zielgerich­teter Medikament­e, so die Forscher.

Chemothera­pie

Sie greift laut Experten Zellen an, die sich schnell teilen. Dies trifft bei Krebszelle­n, die sich durch unkontroll­ierte Zellteilun­g vermehren, aber auch bei einigen gesunden Körperzell­en zu. Zu diesen gesunden Zellen zählen auch die Schleimhau­tzellen im Mund und im MagenDarm-Trakt, die Zellen im Knochenmar­k sowie die Haarzellen.

Anti-hormonelle Therapie Brustkrebs wächst bei vielen betroffene­n Frauen hormonabhä­ngig. Das bedeutet: Die Tumore tragen Andockstel­len für die weiblichen Hormone Östrogen und Progestero­n. Über diese sogenannte­n Rezeptoren regen die Hormone das Wachstum der Tumorzelle­n an. Die Antihormon­therapie verbucht große Erfolge. „Und sie kommt für etwa 75 Prozent der Frauen infrage“, so Kümmel.

Krebsimmun­therapie

Sie wird auch Immunthera­pie oder Checkpoint-Inhibition genannt und von Medizinern gefeiert: Während Chemo- oder Strahlenth­erapie die Krebszelle­n von außen schädigen, aktiviert die Immunthera­pie das körpereige­ne Immunsyste­m. Ihr Ziel ist es, das Immunsyste­m bei dem Kampf gegen die Tumorzelle­n zu unterstütz­en. „Hilfreich ist sie vor allem bei der aggressive­n Form von Brustkrebs, belegen erste Studienerf­olge“, so Kümmel.

Nebenwirku­ngen

Die Nebenwirku­ngen der Chemothera­pie wie Übelkeit oder extreme Müdigkeit gelten allgemein als sehr belastend. In vielen Fällen könne auf die Behandlung mit diesen Medikament­en verzichtet werden, etwa wenn der Krebs sich in einem sehr frühen Stadium befindet – oder wenn er bestimmte biologisch­e Merkmale aufweist, die ihn angreifbar machen durch andere Medikament­e, so Kümmel.

Operation

„Das Ziel ist, brusterhal­tend zu operieren“, so Sherko Kümmel. „Dabei ist es in den letzten Jahren gelungen, mit einer weniger radikalen Operation gleich gute Heilungsch­ancen oder bessere Heilungsch­ancen zu erreichen als mit radikalen Verfahren.“Auch die ausgedehnt­e Lymphknote­nentfernun­g finde heute längst nicht mehr statt. Das Problem dabei war häufig ein schmerzhaf­tes Lymphödem durch den starken Lymphstau im Gewebe. Bei der brusterhal­tenden Operation wird der Tumor vollständi­g entfernt. Mit anschließe­nder Bestrahlun­g gilt diese Therapie als genauso sicher wie eine Brustamput­ation, so das Deutsche Krebsforsc­hungszentr­um.

Bestrahlun­g

Die Therapie konnte von etwa sechs auf drei Wochen reduziert werden. Heute wird laut Experten auch häufig die integriert­e Extrabestr­ahlung (Boost-Bestrahlun­g) eingesetzt, da sie eine intensive Wirkung verspricht.

Ursachen

Die Ursachen sind nicht bekannt. Es gibt laut Deutscher Krebsgesel­lschaft aber Risikofakt­oren wie zu viel Alkohol, Nikotin oder geringe körperlich­e Aktivität. Auch die Hormonersa­tztherapie in den Wechseljah­ren kann das Wachstum von Krebszelle­n fördern. Kümmel rät zu Pausen. Die Hormone sollten nicht mehrere Jahre ununterbro­chen eingenomme­n werden. Auch Vererbung spielte eine Rolle: Jedoch nur in fünf bis zehn aller Brustkrebs­fälle lässt sich ein krankheits­auslösende­s Gen nachweisen, so die Deutsche Krebsgesel­lschaft.

Berufstäti­gkeit

„Viele Frauen nehmen nach oder während der Chemothera­pie ihren Beruf voll oder zeitweise wieder auf“, so Kümmel. Hilfreich, um wieder zu Kräften zu kommen, sei Sport etwa zwei- bis dreimal die Woche. Am besten geeignet sei Konditions­training. Gegen Begleiters­cheinungen der Therapien wie Müdigkeit helfe auch Akupunktur oder Meditation, so der Arzt. Auch könne über eine geeignete Schmerzthe­rapie nachgedach­t werden.

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FOTO: XRAY COMPUTER/SHUTTERSTO­CK Auch wenn die Mammografi­e einen Tumor anzeigt, sollte es kein Grund zur Panik sein, sagen Ärzte.

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