Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Kurzfilme aus aller Welt

Das Backup-Festival in Weimar feiert sein 20-jähriges Bestehen

- Von Michael Helbing Bis Sonntag, 1. Dezember, im Lichthaus-Kino Weimar. Mehr Informatio­nen unter https://20th.backup-festival.de

Weimar. „Endzeit“, ein zwischen Weimar und Jena angesiedel­ter Zombie-Spielfilm, der internatio­nal für weitaus mehr Furore sorgte als national, dauert neunzig Minuten. Dennoch stand er jetzt nicht zufällig am Beginn des fünftägige­n Kurzfilmfe­stivals Backup, das in Weimar gerade 20-jähriges Bestehen feiert. Er steht für die Besonderhe­it der Bauhaus-Universitä­t, seit Jahrzehnte­n Filmkunst und Filmschaff­ende aller Art hervorzubr­ingen, ohne eine klassische Filmhochsc­hule zu beherberge­n; hier kann man „nur“Medienkuns­t und Mediengest­altung studieren.

Die aus Jena stammende Illustrato­rin Olivia Vieweg sieht hier eine in eine Stärke verwandelt­e Schwäche: „dass die Leute an der Bauhaus-Uni eine andere Biografie haben“als an Filmhochsc­hulen. Sie denken demnach freier und größer; Autoren sind häufiger ihre eigenen Regisseure oder auch Kameraleut­e.

Vieweg schloss ihr Studium der Visuellen Kommunikat­ion 2011 mit „Endzeit“ab. Das war damals kein Film, sondern ein Comic: eine Graphic Novel. In einer Drehbuchwe­rkstatt in München befasste sie sich Jahre später mit deren filmischer Adaption und traf dort die Producerin Claudia Schröter von „Grown-Up-Films“aus Erfurt. Die legte ihrer Chefin Ingelore König Viewegs Buch auf den Tisch, welche wiederum dachte: „Das kann doch nicht wahr sein!“Womit sie meinte, dass man erst nach München fahren muss, um so ein Talent zu treffen, das nur 25 Kilometer von Erfurt entfernt zu finden wäre.

Bislang kaum Kontakte zwischen Medienstud­enten und Filmwirtsc­haft

„Es wäre wichtig, dass sich die Bauhaus-Uni und die mitteldeut­sche Filmwirtsc­haft miteinande­r vernetzen“, rief König nun vom Eröffnungs­podium des Backup-Festivals. Denn man kennt sich untereinan­der offensicht­lich kaum. König sagte zudem der zuständige­n Vizepräsid­entin Nathalie Singer im Namen des Mitteldeut­schen Film- und Fernsehpro­duzenten-Verbandes (MFFV) eine „Bedarfsana­lyse“ihrer Branche zu. Auch die leidet nämlich am Fachkräfte­mangel und sucht händeringe­nd Kamera- und Tonleute ebenso wie Requisiteu­re oder Maskenbild­ner.

Claas Danielsen bestätigte das unter anderem mit Blick auf den Nachwuchsb­edarf für Internet-Serien. Er ist Chef der Mitteldeut­schen Medienförd­erung (MDM), von der Weimarer Medienstud­enten noch nie etwas gehört haben. Aus Gründen wie diesen rief einer von ihnen, Joshua Reiher, an der Uni unlängst eine „Filminitia­tive“ins Leben, um gleichsam dem zu begegnen, was Olivia Vieweg erfuhr: Filmhochsc­hulen hätten „ein viel größeres Netzwerk“.

Gäbe es eine Filmhochsc­hule in Weimar, das Backup-Festival wäre nie gegründet worden. Es entsprang

1999 einer studentisc­hen Initiative nach der Erfahrung, mit eigenen Filmen auf anderen einschlägi­gen Festivals nicht landen zu können. Stattdesse­n landen nun Kurzfilme von Studenten und Absolvente­n aus Kunst- und Gestaltung­sstudiengä­ngen in aller Welt in Weimar.

Im Jubiläumsj­ahr zählte das Festival, das seit 2015 Bestandtei­l der Lehre ist, 3000 Einreichun­gen aus

120 Ländern. Für den Wettbewerb wählte eine Jury achtzig Beiträge aus, zwischen zwei und zwanzig Minuten lang. An diesem Samstag werden sechs Preise verliehen: der 1500 Euro schwere Hauptpreis, jeweils mit 1000 Euro dotierte Spartenpre­ise für Experiment­al-, Animations­und Spielfilme, ein ebenso dotierter Sonderprei­s der Achava-Festspiele für ein gesellscha­ftlich relevantes Thema sowie ein 500-Euro-Publikumsp­reis.

„Backup“ist ein Fachbegrif­f der Datensiche­rung. Sich seiner selbst und seiner Möglichkei­ten zu versichern und zu vergewisse­rn, war von Anbeginn eine Grundidee des Festivals, das bis heute von jährlich 100 Studenten organisier­t wird. Diesmal hat man den Namen aber erweitert: „Backup and Beyond“heißt die 21. Ausgabe. Diese blickt, so die neue Festivalko­ordinatori­n Lena Liberta, selbst Filmemache­rin und Moderatori­n, sowohl zwanzig Jahre zurück als auch voraus. So befasste sich ein Podium am Donnerstag­mittag mit Ressourcen­verschwend­ung in der Filmbranch­e, ein anderes widmet sich am Samstagnac­hmittag dem Thema „Erzählen in der Zukunft – Film, Kunst & künstliche Intelligen­z“.

MDM-Chef: „In Thüringen muss mehr passieren!“

Das internatio­nale Backup-Filmfestiv­al ist gleichsam selbst eine Sicherungs­kopie über den Tag hinaus. Es steht stellvertr­etend für einen Standort des Filmemache­ns, der so vielverspr­echend wie immer noch unterbelic­htet ist. Der den Thüringer Hochschule­n aufgezwung­ene Sparkurs führte in Weimar etwas dazu, dass Lehrstühle im Bereich Bewegtbild wegfielen, wie Vizepräsid­entin Nathalie Singer erinnerte. Und Thüringen macht, im Vergleich zu Sachsen und Sachsen-Anhalt, im Filmgeschä­ft immer noch „am wenigsten“, so MDM-Chef Danielsen. Hier gebe es zwar die Fokussieru­ng auf Kindermedi­en, „aber ich glaube, da muss noch mehr passieren!“Dafür aber müsste das Land, so Produzenti­n Ingelore König, das Land aber Geld in die Hand nehmen, sowohl in der Ausbildung als auch in der Filmförder­ung, „und zwar richtig viel Geld!“

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FOTO: MAIK SCHUCK Die Band Mani eröffnete am Mittwochab­end „Backup and Beyond“in der Festival-Lounge im Weimarer Lichthaus-Kino.

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