Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Respekt gehört ganz groß in die Hausordnung
In der Regelschule „Otto Lilienthal“werden demokratische Prozesse geübt
Erfurt. Kaugummi kauen im Unterricht? Na ja, vielleicht. Wenn der Mund zu bleibt und der Rest später anständig entsorgt wird. Handys haben dagegen unsichtbar und unhörbar zu bleiben. Oder?
An den Regeln für die neue Hausordnung der Regelschule „Otto Lilienthal“tüftelten am Donnerstag Klassensprecher und ihre Stellvertreter der Stufen 5 bis 10 gemeinsam mit den Schulentwicklern und Lehrern. Respektvoll miteinander umgehen, war der meistgeäußerte Wunsch. Was die Schüler, Lehrer und die technischen Mitarbeiter bewegt und wie ein gutes Miteinander funktionieren kann, das brachten Fragebögen ans Licht. Deren Auswertung war ein zentraler Punkt der Diskussionsrunden und Arbeiten beim Fachtag, wie Schulentwickler Daniel Jörg erklärt.
Die Schule im Rieth steckt seit drei Jahren in einem Projekt zur Schul- und Unterrichtsentwicklung. Träger ist die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung. Gerade sind die finanziellen Mittel für weitere zwei Jahre bewilligt worden. In der Schule sollen Lernfelder die früheren Strukturen ablösen. Fachübergreifender Unterricht, bei dem auch der praktische Anteil nicht zu kurz kommt, wird bereits erprobt, soll aber irgendwann die Regel sein.
Minischritte auf dem Weg dorthin absolvieren Schulentwickler, Lehrer und Schüler gemeinsam. Die neue Hausordnung ist eher ein größerer Schritt. „An der Stundentafel und der Unterrichtsstruktur arbeiten wir auch“, sagt Patrick Ziehm, der als Lehrer in der Schulentwicklungsgruppe aktiv ist. Dass die Schüler mitbestimmen dürfen, findet Schulentwicklerin Julia Bartsch selbstverständlich. Dabei üben sie auch demokratische Prozesse, ergänzt Daniel Jörg.
Mia und Laura aus der Klasse 7c gestalten fleißig mit, helfen, an den Formulierungen für die Regeln zu schreiben. „Beim Auswerten der Fragebögen ist aufgefallen, dass der Wunsch nach Respekt an erster Stelle stand. Gleich danach folgten die Wünsche kein Streit und keine Konflikte“, erzählt Mia. Laura räumt ein, vor dem Treffen sei sie ein bisschen nervös gewesen. „Aber als am Tisch alle schwiegen und keiner anfangen wollte, da habe ich mich getraut.“Mia hat sich „echt schon drauf gefreut“, an der Hausordnung mitzuarbeiten. Sie empfindet das als eine Ehre.
Bislang noch eine Vision von Daniel Jörg ist ein Schülerparlament. Das könnte am Ende des Projekts stehen und vielleicht helfen, Konflikte zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Für die Schülervertreter und auch für das Zusammenarbeiten und die Unterstützung vom Lehrerkollegium findet er nur lobende Worte. Vom Fachtag jedoch zeigte er sich besonders überrascht: „Das läuft fast schon ein bisschen zu gut.“
Wenn die Hausordnung eine Weile am Start ist, soll ein weiterer Fachtag angesetzt werden. „Wir wollen besprechen, ob alles so wirkt wie gedacht“, sagt Julia Bartsch.