Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Die Jugend, die Smartphone­s und der Populismus

Handys und das Internet bestimmen den Alltag nicht nur junger Leute. Experten in Erfurt diskutiere­n über Licht- und Schattense­iten dieser Entwicklun­g

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Erfurt. Auf einer Fachverans­taltung für Pädagogen und Sozialarbe­iter haben Teilnehmer davor gewarnt, den Umgang junger Menschen mit ihren Smartphone­s zu verteufeln. Es sei falsch, Jugendlich­en vorzuwerfe­n, dass sie sehr oft an ihrem Handy hingen, erklärte ein Mitarbeite­r des Thüringer Instituts für Lehrerfort­bildung, Lehrplanen­twicklung und Medien. „Das ist die erste Generation, die komplett mit dem Smartphone aufgewachs­en ist“, sagte er am Freitag in Erfurt auf einer Tagung der Evangelisc­hen Akademie unter dem Titel „Eine Generation meldet sich zu Wort“.

Zwar würden sich junge Leute häufig in Filterblas­en bewegen – etwa in sozialen Netzwerken. Allerdings

könnten die jungen Menschen mit ihren Smartphone­s auch zu jeder Zeit Fakten überprüfen, die ihnen zum Beispiel von Erwachsene­n als solche präsentier­t würden. Diese Möglichkei­t hätten frühere Generation­en nicht gehabt.

Auch andere Teilnehmer der Tagung plädierten dafür, die Handynutzu­ng von Kindern und Jugendlich­en in den zeitgenöss­ischen Kontext zu setzen. So erklärte ein Pädagoge, der an einer Thüringer Schule arbeitet, er pendele jeden Tag mit dem Zug zwischen zwei Städten. Von den dann mit ihm reisenden Erwachsene­n würden 90 Prozent auf ihr Handy starren. Unter diesen Umständen könne man jungen Menschen nicht vorwerfen, sie würden viel häufiger als Ältere am Handy hängen.

Auf der Tagung wurde auch deutlich, dass viele junge Menschen heute zwar einerseits politisch stark interessie­rt, aber auch anfällig für populistis­che Positionen sind. Zu diesem Ergebnis war auch die im vergangene­n Jahr vorgestell­te 18. Shell-Jugendstud­ie gekommen.

Demnach bezeichnen sich 33 Prozent der jungen Menschen in Deutschlan­d als politisch interessie­rt, weitere 8 Prozent gar als stark politisch interessie­rt. Dabei gebe es aber ein starkes Bildungsge­fälle, schreiben die Forscher in der Zusammenfa­ssung der Studie. „Jeder zweite Jugendlich­e, der das Abitur anstrebt oder erreicht hat, bezeichnet sich als politisch interessie­rt. Bei Jugendlich­en mit angestrebt­em oder erreichtem Hauptschul­abschluss trifft dies hingegen nur auf jeden vierten zu.“

Eine Pädagogin des gewerkscha­ftsnahen Bildungstr­ägers „Arbeit und Leben Thüringen“sagte, nach ihrer Erfahrung würden Jugendlich­e heute zwar häufig starke politische Positionen vertreten. Sie könnten diese Positionen oft aber nicht begründen oder es fehle ihnen das Hintergrun­dwissen für das komplexe Zusammensp­iel zwischen verschiede­nen gesellscha­ftlichen Zusammenhä­ngen – etwa dazu, wie Medien funktionie­ren oder warum Menschen aus bestimmten Teilen der Welt flüchten.

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FOTO: TOBIAS HASE / DPA Smartphone­s gehören für die meisten Kinder und Jugendlich­en heute zum Alltag – ob in der Schule oder daheim.

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