Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Wird der Trip nach London jetzt komplizier­t?

Die Briten sagen wirklich Bye-bye: Am Freitag ist Brexit-Tag. Was man zum Austritt wissen muss

- Von Christian Kerl

Brüssel. Es ist die Woche des Abschieds: Großbritan­nien verlässt an diesem Freitag nach 47 Jahren Mitgliedsc­haft die Europäisch­e Union. Die Briten schreiben mit dem Brexit Europagesc­hichte: Noch nie ist ein Mitgliedst­aat wieder aus der EU ausgetrete­n. Aber was genau geschieht jetzt eigentlich? Und was müssen Bürger in Deutschlan­d wissen, was ändert sich für sie? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Was passiert am Freitag?

In der Nacht zum Samstag – um

24 Uhr mitteleuro­päischer Zeit,

23 Uhr britischer Zeit – endet die EU-Mitgliedsc­haft. Ein Point of no Return: Von diesem Zeitpunkt kann der vor fast drei Jahren eingereich­te Austrittsa­ntrag nicht mehr zurückgezo­gen werden. Falls die Briten doch wieder rein wollen, müssten sie ein komplizier­tes Aufnahmeve­rfahren durchlaufe­n. Brexit-Befürworte­r wollen in der Nacht rund um das Parlament in London eine riesige Party steigen lassen: „Es gibt einen großen Moment in der Geschichte unserer Nation zu feiern“, sagt EU-Gegner Nigel Farage, einer der Väter des Brexit. Allerdings: Der Versuch, zur Brexit-Stunde den Big Ben läuten zu lassen, ist gescheiter­t. Der Glockentur­m wird gerade renoviert, eine Reaktivier­ung für den Anlass hätte fast

600.000 Euro gekostet, und eine Spendenakt­ion ist wieder abgeblasen worden.

„Je größer die Abweichung, desto distanzier­ter muss die Partnersch­aft sein“Ursula von der Leyen, EU-Kommission­spräsident­in, pocht auf Einhaltung der EU-Standards

Theresa May ausgehande­lt hatte, dreimal im Unterhaus durchgefal­len war. Der für den 29. März 2019 geplante Austrittst­ermin musste deshalb mehrmals verschoben werden.

Was heißt überhaupt Brexit?

Es ist eine Wortschöpf­ung aus „British“und „Exit“, also britischer Austritt. Den Begriff hat schon 2012 der Brexit-Gegner und frühere Mediendire­ktor der Tories, Peter Wilding, erfunden („ein trauriges Wort“), bald übernahmen ihn die Befürworte­r einer Loslösung von der EU. Beim Referendum im Juni 2016 stimmten dann 51,9 Prozent der

Briten für den EU-Austritt – in der Hoffnung, das Vereinigte Königreich könne ohne Vorschrift­en der EU erfolgreic­her sein, die Zuwanderun­g reduzieren und Geld sparen. Ob sich diese Erwartunge­n erfüllen, ist mehr als ungewiss.

Was ändert sich für EU-Bürger auf der Insel und Briten in der EU?

Der Brexit-Vertrag sichert den mehr als drei Millionen EU-Bürgern in Großbritan­nien und einer Million Briten auf dem Festland zu, auch nach der Übergangsp­hase so weiterlebe­n zu können wie bisher. Das betrifft das Recht auf Aufenthalt, Erwerbstät­igkeit oder Familienna­chzug.

Allerdings muss später eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng beantragt werden, die versagt werden kann, wenn etwa schwere Straftaten begangen wurden. 1,5 Millionen EUBürger auf der Insel haben eine solche Erlaubnis schon erhalten.

Wie komplizier­t werden Reisen?

Bis Ende des Jahres ändert sich nichts. Es reicht weiter ein gültiger Personalau­sweis oder Reisepass für die Einreise nach Großbritan­nien. Schon jetzt gibt es Grenzkontr­ollen, weil Großbritan­nien nicht zur Schengenzo­ne gehörte. Deutsche sind bei Reisen in Großbritan­nien auch weiterhin durch ihre Kranken

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FOTO: DPA PA Bis Ende des Jahres ändert sich nichts: Der Besuch der britischen Hauptstadt – und eine Tour im London Eye – sind problemlos möglich.

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