Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Wird der Trip nach London jetzt kompliziert?
Die Briten sagen wirklich Bye-bye: Am Freitag ist Brexit-Tag. Was man zum Austritt wissen muss
Brüssel. Es ist die Woche des Abschieds: Großbritannien verlässt an diesem Freitag nach 47 Jahren Mitgliedschaft die Europäische Union. Die Briten schreiben mit dem Brexit Europageschichte: Noch nie ist ein Mitgliedstaat wieder aus der EU ausgetreten. Aber was genau geschieht jetzt eigentlich? Und was müssen Bürger in Deutschland wissen, was ändert sich für sie? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was passiert am Freitag?
In der Nacht zum Samstag – um
24 Uhr mitteleuropäischer Zeit,
23 Uhr britischer Zeit – endet die EU-Mitgliedschaft. Ein Point of no Return: Von diesem Zeitpunkt kann der vor fast drei Jahren eingereichte Austrittsantrag nicht mehr zurückgezogen werden. Falls die Briten doch wieder rein wollen, müssten sie ein kompliziertes Aufnahmeverfahren durchlaufen. Brexit-Befürworter wollen in der Nacht rund um das Parlament in London eine riesige Party steigen lassen: „Es gibt einen großen Moment in der Geschichte unserer Nation zu feiern“, sagt EU-Gegner Nigel Farage, einer der Väter des Brexit. Allerdings: Der Versuch, zur Brexit-Stunde den Big Ben läuten zu lassen, ist gescheitert. Der Glockenturm wird gerade renoviert, eine Reaktivierung für den Anlass hätte fast
600.000 Euro gekostet, und eine Spendenaktion ist wieder abgeblasen worden.
„Je größer die Abweichung, desto distanzierter muss die Partnerschaft sein“Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin, pocht auf Einhaltung der EU-Standards
Theresa May ausgehandelt hatte, dreimal im Unterhaus durchgefallen war. Der für den 29. März 2019 geplante Austrittstermin musste deshalb mehrmals verschoben werden.
Was heißt überhaupt Brexit?
Es ist eine Wortschöpfung aus „British“und „Exit“, also britischer Austritt. Den Begriff hat schon 2012 der Brexit-Gegner und frühere Mediendirektor der Tories, Peter Wilding, erfunden („ein trauriges Wort“), bald übernahmen ihn die Befürworter einer Loslösung von der EU. Beim Referendum im Juni 2016 stimmten dann 51,9 Prozent der
Briten für den EU-Austritt – in der Hoffnung, das Vereinigte Königreich könne ohne Vorschriften der EU erfolgreicher sein, die Zuwanderung reduzieren und Geld sparen. Ob sich diese Erwartungen erfüllen, ist mehr als ungewiss.
Was ändert sich für EU-Bürger auf der Insel und Briten in der EU?
Der Brexit-Vertrag sichert den mehr als drei Millionen EU-Bürgern in Großbritannien und einer Million Briten auf dem Festland zu, auch nach der Übergangsphase so weiterleben zu können wie bisher. Das betrifft das Recht auf Aufenthalt, Erwerbstätigkeit oder Familiennachzug.
Allerdings muss später eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt werden, die versagt werden kann, wenn etwa schwere Straftaten begangen wurden. 1,5 Millionen EUBürger auf der Insel haben eine solche Erlaubnis schon erhalten.
Wie kompliziert werden Reisen?
Bis Ende des Jahres ändert sich nichts. Es reicht weiter ein gültiger Personalausweis oder Reisepass für die Einreise nach Großbritannien. Schon jetzt gibt es Grenzkontrollen, weil Großbritannien nicht zur Schengenzone gehörte. Deutsche sind bei Reisen in Großbritannien auch weiterhin durch ihre Kranken