Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

ICE-Kreuz lässt das Krämerloft in der Bahnhofstr­aße wachsen

Durch Räume in Nachbarhäu­sern vergrößert sich das Angebot an Teambüros und für Tagungen

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Das ICE-Kreuz in Erfurt zeigt Wirkung: Drei Jahre existiert das „Krämerloft“in der Bahnhofstr­aße als Co-Working-Space, mittlerwei­le platzt es aus allen Nähten. Gestartet unter dem englischen Begriff für einen modernen Ort des kreativen Zusammenar­beitens und Austauschs – über Grenzen eigener Büros und Branchen hinweg –, soll sich das Krämerloft nun flächenmäß­ig nahezu verdreifac­hen. Mietverträ­ge für Räume von etwa 1000 Quadratmet­ern in unmittelba­rer Nachbarsch­aft wurden vor Jahresfris­t unterzeich­net.

„Wir glauben an diese Idee“, sagt Nicole Sennewald als Chefin des Unternehme­ns. Mit der guten Erreichbar­keit per Bahn aus ganz Deutschlan­d sei das Interesse an Teambüros, Konferenzr­äumen und solchen für Geschäftst­reffen in Erfurt deutlich gestiegen. „Was leider auch einhergeht mit höheren Mieten in Nähe des Bahnhofs“, wie sie sagt. Seit dem Ausstieg ihrer Mitgründer­in vor einigen Wochen, die sich neuen Aufgaben widmen will, schultert sie das Projekt Krämerloft mittlerwei­le ganz allein – ohne ihren Optimismus eingebüßt zu haben. Ohne Kredite oder öffentlich­e Fördermitt­el braucht es dazu eine gehörige Portion Mut – sowie des Glücks, dass Räume gleich nebenan durch den Auszug einer Sprachensc­hule frei wurden, der Vermieter nicht lange vom Co-Working-Konzept überzeugt werden musste. Lange Zeit war eine Erweiterun­g schon ins Auge gefasst: „Zwei voneinande­r räumlich getrennte Standorte wären dann vielleicht doch eine zu große Herausford­erung geworden. Nun haben wir eine einmalige Chance und können uns an einem Ort erweitern“, freut sich Nicole Sennewald.

Zentrale Lage in Bahnhofsnä­he steigert den Bedarf

Sieben Teambüros gibt es derzeit im Hinterhaus Bahnhofstr­aße 16. Wer in die mit Vintage-Möbeln ausgestatt­eten und bewusst unfertig wirkenden Räume will, muss in die Büßlebener Gasse abbiegen. Hier gibt es neben den Büros den Open Space, der einlädt zur Zusammenar­beit über eigene Branchen hinweg, sowie die Kreativräu­me für Meetings. Auf der Internetse­ite bietet das Krämerloft einen 3-D-Rundgang durch die Räume, in denen Nicole Sennewald mit ihrem fünfköpfig­en Team diverse Veranstalt­ungen organisier­t, beispielsw­eise in der Küche als zentralem Dreh- und Angelpunkt des Hauses. Den Keller hat der Makerspace als offene Werkstatt und Labor für Do-it-yourself-Projekte von Anbeginn des Projekts bezogen.

Täglich, halbtäglic­h oder monatsweis­e werden Arbeitsplä­tze vermietet. Viele Kunden dafür kommen mit der Bahn, nutzen die zentrale Lage Erfurts, manche als Startpunkt für eine Firmengrün­dung unter Verzicht zunächst auf eigene Büroräume. Angestellt­e, Gründer, Freelancer aller Branchen von der Logistik über die Beratungs- bis zur Kreativbra­nche treffen dabei aufeinande­r. Hier werden Bewerbungs­gespräche geführt oder ganz neue Standorte aufgebaut. Ilmenauer Start-up-Unternehme­n nutzen das Krämerloft gern. Gewachsen ist eine große Gemeinscha­ft, Community genannt.

Der Bedarf ist groß, oft hat Nicole Sennewald Interessen­ten mangels Kapazitäte­n absagen müssen. Größere Räume für Treffen von mehr als 15 Personen fehlten bislang ganz. Dabei habe das „unperfekt Anderssein“des Krämerloft­s für viele Interessen­ten besonderen Charme, werde als Chance genutzt, aus den eigenen vier weißen Bürowänden und dem Alltagstro­tt zu entfliehen, um bildlich gesprochen die Krawatte am Eingang abzugeben, wie Nicole Sennewald sagt.

Öffentlich­e Förderung ist bisher Fehlanzeig­e

Die Mischung aus all dem finanziert das Projekt. Die Landesregi­erung habe zugesagt, kreative Orte wie diesen fördern zu wollen. „Doch bislang werden wir unter Vermietung und Verpachtun­g geführt, gehen leer aus. Dabei sind wir soviel mehr!“, sagt die geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin des Krämerloft­s.

Neues Zentrum des Krämerloft­s wird die Nummer 15 werden, die nächsten Wochen sind die neuen Flächen auch in der Nummer 14 eine Baustelle. Wenn im April die „Cowork 2020“als größte Konferenz im deutschspr­achigen Raum zu diesem Thema in Erfurt stattfinde­t – Nicole Sennewald hat dafür gesorgt – sollen die neuen Räume fertig sein. Der Ehemann der 43-jährigen und zweifachen Mutter hofft, es werde dann die vorerst letzte große Baustelle sein. In dem Wissen, dass er sich bei seiner Frau da nie sicher sein kann...

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FOTO: FRANK KARMEYER Nicole Sennewald im Krämerloft, wo Arbeitsplä­tze auch kurzzeitig angemietet werden können.

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