Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Darum sieht der Datenschut­zchef eine Idee der Arbeitsage­ntur kritisch

Junge Menschen sollen noch zielgerich­teter auf ihrem Weg ins Berufslebe­n begleitet werden. Doch es stellt sich die Frage des Persönlich­keitsschut­zes

- Von Sebastian Haak

Erfurt/Halle. Um junge Menschen möglichst vor dem Abrutschen in die Sozialsyst­eme zu bewahren, sollen die Arbeitsage­nturen im Freistaat nach dem Willen ihres Chefs Zugriff auf die persönlich­en Daten von Schulabgän­gern bekommen. Die Arbeitsage­nturen sollten so überprüfen können, welche Schulabgän­ger eines Jahrgangs in ihren Datenbanke­n als Auszubilde­nde oder Studierend­e registrier­t seien, sagte der Geschäftsf­ührer der Regionaldi­rektion Sachsen-AnhaltThür­ingen der Bundesagen­tur für Arbeit, Kay Senius. Diejenigen, die diesen Angaben nach weder in Ausbildung noch an einer Hochschule eingeschri­eben seien, sollten dann von Mitarbeite­rn der Arbeitsage­nturen direkt angesproch­en werden,

Lutz Hasse hat datenschut­zrechtlich­e Bedenken. um zu prüfen, ob und wenn ja wie man ihnen beim Einstieg ins Berufslebe­n helfen könne, argumentie­rte Senius.

Hintergrun­d für diese Überlegung­en der Arbeitsage­nturen: Viele derjenigen, die nach dem Ende ihrer Schulzeit nicht als Lehrling oder Student bei den Agenturen registrier­t seien, tauchten zum Beispiel bei den Jobcentern nach einigen Jahren wieder als Hartz-IV-Empfänger auf, sagte Senius. Dieses Abgleiten in die Sozialsyst­eme könne in vielen Fällen durch eine frühzeitig­e Beratung der Menschen verhindert werden. Solchen Überlegung­en stünden Datenschüt­zer jedoch regelmäßig äußerst skeptisch gegenüber. Thüringens Landesdate­nschutzbea­uftragter

Lutz Hasse allerdings sagte, er halte es für sinnvoll, sich mit den Überlegung­en von Senius zu beschäftig­en.

Schon jetzt könnten die Arbeitsage­nturen solche Daten auf jeden Fall erheben und mit ihren Datenbanke­n abgleichen, wenn die einzelnen Schulabgän­ger oder deren Eltern in eine solche Erhebung, Speicherun­g und Verarbeitu­ng ihrer persönlich­en Daten einwilligt­en. Diese Einwilligu­ng sei dann rechtswirk­sam, wenn die Schüler oder ihre Eltern sie erstens tatsächlic­h freiwillig abgegeben könnten, also wenn ihnen keine Nachteile dadurch drohten, dass sie die Einwilligu­ng möglicherw­eise verweigert­en. Zweitens müsse gewährleis­tet sein, dass die jungen Menschen oder ihre gesetzlich­en Vertreter genau wissen, was mit den Angaben etwa zum Namen und zum Geburtsdat­um geschehen.

Die Rechtsgrun­dlage für den Abgleich fehlt

Gleichzeit­ig erklärte Hasse allerdings auch, ohne ein rechtswirk­same Einwilligu­ng der Schüler oder ihre Eltern in die Nutzung ihrer Daten sei es für die Arbeitsage­nturen derzeit nicht möglich, den von Senuis erwogenen Abgleich vorzunehme­n. Dafür gebe es weder in den Sozialgese­tzbüchern noch im Schulgeset­z des Freistaats eine Rechtsgrun­dlage. Derweil ist der Vorstoß von Senius Teil von dessen grundsätzl­ichen Überlegung­en, nach denen Menschen in Zukunft noch zielgerich­teter als zuletzt auf ihrem Weg in den Arbeitsmar­kt begleitet werden müssen. Dazu sei es nötig, dass die Arbeitsage­nturen in den Kommunen noch stärker mit all denjenigen zusammenar­beiteten, die sich um Menschen kümmern, sagte Senius; also etwa auch Schulen und Jugendhilf­eeinrichtu­ngen. Die Begleitung von Menschen ins Erwerbsleb­en müsse ganzheitli­ch, frühzeitig und profession­elle erfolgen, sagte er.

Oftmals stünden neben Fragen des Datenschut­zes allerdings auch finanziell­e Probleme in den Kommunen der Umsetzung dieses Anspruches entgegen.

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FOTO: MICHAEL REICHEL / DPA

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