Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Nur eine Verlängerung des Leidens
Michael Kummer, Sprecher des neuen RWE-Fanrates, traut der Investorengeschichte nicht
Erfurt. Wenn irgendwo auf der Welt von der Fanseele die Rede ist, geht das mit Schmerzen einher. In Erfurt ist dieser Tagen eine seltsame Melange entstanden. Aus dem Schmerz des drohenden Abstiegs in die Fünftklassigkeit und dem Schmerz, sich vom Insolvenzverwalter des FC Rot-Weiß die Zukunft verbaut zu sehen. All das erzeugt eine Stimmung, in die ein neuer Fanrat gewählt wurde. Der alte und neue Sprecher, Michael Kummer, stand Rede und Antwort.
Herr Kummer, gehen Sie auch noch in der Oberliga zu RWE?
Ich auf jeden Fall. Bei der Fanratsmitgliederversammlung war auch der überwiegende Teil dieser Meinung. Denn für uns ist es das Allerwichtigste, das der FC Rot-Weiß Erfurt e.V. erhalten bleibt.
Glauben Sie noch an ein gutes Ende? Wie müsste das aus Ihrer Sicht aussehen, damit es überhaupt noch Sinn macht? Wird der Klub im 54. Jahr seines Bestehens mal wieder irgendwie gerettet oder wird nur das Leiden verlängert bis zum nächsten Crash?
Das mit dem angekündigten nächsten Investor, der die Saison nur bis zum Ende absichert, ist das Problem. Es wäre wieder nur eine Verlängerung des Leidens. Das macht keinen Sinn. Sinnvoller ist ein Neustart in der Oberliga.
Wie ist die aktuelle Stimmung innerhalb der Fans? Man hat den Eindruck, dort herrscht die totale Paralyse. Man hört und sieht nichts – kein Schweige- oder Protestmarsch, keine Demonstration gegen den Insolvenzverwalter . . .
Da haben sich wohl alle dem rechtlich bestehenden Status Quo gefügt.
Mit Bangen und Hoffen, dass der Verein erhalten bleibt. Aber am Freitag hat einer einen richtigen Satz gesagt: „Wenn man am hässlichsten ist, verkauft man sich nicht“. Denn da ist der Preis wahrscheinlich nicht besonders hoch.
Wie vertrauenswürdig ist für die Fans dieser Insolvenzverwalter?
Was an Stimmung so rüberkommt, ist sein Ansehen im Keller.
Angesichts der chaotischen Situation, die derzeit in Ihrem Herzensverein mal wieder herrscht, muss sich ein Fanrat doch eigentlich wie ein zahnloser Tiger vorkommen.
Der Fanrat ist im Insolvenzverfahren, wie alle anderen wichtigen Gremien auch, natürlich ein zahnloser Tiger. Das kann rechtlich auch nicht anders sein.
Sie haben erklärt, der Fanrat will den FC Rot-Weiß bei seinem Weg der Demokratisierung weiter unterstützen. Wie soll diese Demokratisierung aussehen?
Die neue Satzung soll auch gelebt werden. Mitgliederversammlungen mit organisieren zum Beispiel, ehrenamtliche Unterstützung der Vorstandsund Geschäftsstellenarbeit.
Welche Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Verantwortlichen im Verein hat der Fanrat überhaupt? Kommt wirklich noch ein Investor, wird der sich von Fans sicher nicht reinreden lassen . . .
Auch in Erfurt gilt die 50+1-Regel.
Priorität hat das Nachwuchsleistungszentrum, haben Sie erklärt. Wie könnte die Unterstützung seitens des Fanrates aussehen?
Da ist viel ehrenamtliche Manpower gefragt, z.B. beim Ticketverkauf, bei der Versorgung oder organisatorischen Sachen. Wir haben über 20.000 Euro übrig aus der Reinballer-Aktion., die wir sinnvoll investieren wollen. Auch das Fanfest soll es im Gebreite wieder geben.
Hand auf’s Herz, welchen Weg würden Sie jetzt einschlagen, wenn Sie die Macht dazu hätten?
Den e.V. erhalten, Neustart mit neuen Leuten. Der Investorengeschichte traue ich nicht über den Weg.
Hat RWE überhaupt noch eine Chance, wieder aufzustehen?
Solange der Verein nicht im Vereinsregister gelöscht ist, existiert er weiter und da gibt es natürlich Möglichkeiten, wieder aufzustehen.