Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Ich bin froh, dass ich endlich einen Schlussstrich ziehen kann“
Operation Aderlass: Ex-Skilangläufer Johannes Dürr legt Teilgeständnis ab und wird zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilt
Innsbruck. Der ehemalige Langläufer Johannes Dürr ist am Montag wegen Dopings vom Landgericht Innsbruck zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Dem 32 Jahre alten Österreicher wurde neben dem eigenen Blutdoping auch vorgeworfen, zum Doping anderer Sportler beigetragen zu haben. Letzteres sah das Gericht aber nur teilweise als erwiesen an. Dürr hatte sich zuvor teils schuldig bekannt und vor allem sein eigenes Blutdoping erneut eingestanden.
Dürr war Langläufer, erlebte den Spitzensport. Dabei reifte seine Sicht: Ohne Doping kann man nicht vorn mitlaufen. Erst griff er zu
Epo, dann kam Blutdoping. Vermittler zwischen dem Erfurter Sportmediziner Mark Schmidt, der in München in Untersuchungshaft sitzt, und anderen Langläufern aus Österreich will er aber nicht gewesen sein. „Ich bin froh, dass ich endlich einen Schlussstrich ziehen kann“, sagte Dürr.
Der Prozess markiert einen weiteren Höhepunkt nach den aufsehenerregenden Razzien Ende Februar 2019. Wenige Wochen zuvor hatte die ARD eine Dokumentation ausgestrahlt, in der Dürr sein eigenes Blutdoping zugab und die gleichen Methoden von Teamkollegen andeutete. Die Behörden ermittelten, nahmen bei der „Operation Aderlass“Mark Schmidt fest und erwischten den Skilangläufer Max Hauke bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld mit der Nadel im Arm.
Dürrs Dopinggeschichte beginnt schon früher. Erstmals fliegt er bei den Winterspielen 2014 auf. Der heute 32-Jährige wird gesperrt – und kehrt der illegalen Leistungssteigerung doch nicht den Rücken. Er lässt sich in seiner Sperre erneut Blut abnehmen und dieses in Erfurt einlagern, für ein Comeback.
Bis hierhin ist er geständig. Dass er in den Jahren 2015 bis 2018 zu einer der wichtigsten Personen im vermuteten Doping-Netzwerk um den Erfurter Arzt geworden sei, so der Vorwurf, will er aber nicht stehen lassen. Es habe mal Pläne gegeben, das Geschäft des Erfurter Arztes
zu übernehmen, Blut selbst einzulagern. Er habe auch mit einem Bekannten in Slowenien Sim-Karten für die Kommunikation organisiert. Die Ex-Kollegen Baldauf und Hauke habe er jedoch nicht an Schmidt vermittelt. Auch als Weiterverkäufer von Wachstumshormonen oder als derjenige, der anderen die Nadel für eine Rückführung setzt, sei er nicht aktiv gewesen.
Ab hier unterscheiden sich dann auch die Aussagen der Beteiligten teils fundamental. Baldauf erklärte, dass Dürr ihm die Telefonnummer des Erfurter Arztes, von den Sportlern nur „der Deutsche“genannt, gegeben habe. Ein Zeuge sagte auf Nachfrage, dass Dürr bei ihm eine Blutrückführung durchgeführt habe. Mark Schmidt hatte zudem laut der Richterin erklärt, dass Dürr auch nach seiner Beichte noch einmal einen Blutbeutel angefordert hatte, was Dürr bestreitet.
Schmidt sollte eigentlich per Videoschalte eine Aussage machen, verweigerte diese aber noch kurzfristig. Der Arzt hatte laut den Ermittlern zunächst in vielen Vernehmungen ausgesagt.
Der Prozess gegen ihn soll erst in einigen Monaten stattfinden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und seinen Helfern gewerbsmäßige und teilweise bandenmäßige Anwendung verbotener Dopingmethoden beziehungsweise Beihilfe dazu vor. Ihm droht eine mehrjährige Haftstrafe.