Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Erster Sprung in Omas Pullover

Der Thüringer Karl-Heinz Luck war in den Jahren 1970 und 1971 der weltbeste nordische Kombiniere­r. Heute wird er 75

- Von Uwe Jentzsch

Rotterode. Karl-Heinz Luck war in den Jahren 1970 und 1971 der weltbeste nordische Kombiniere­r. Doch bei den Weltmeiste­rschaften 1970 in der Hohen Tatra verpasste der als Favorit angereiste Athlet vom SC Motor Zella-Mehlis mit verwachste­n Langlaufsk­i die Medaillenr­änge. Zwei Jahre später bei den Olympische­n Spielen in Sapporo schien nach dem 17. Platz auf der Schanze Edelmetall erneut in weiter Ferne. Doch mit unglaublic­hem Kampfgeist stürmte er zu Olympia-Bronze, als erster Thüringer Kombiniere­r.

Luck, der als Junge in vielen Sportarten Staub wischte, fand erst mit 15 Jahren und mehr durch Zufall

zur Kombinatio­n. Mit dem Rad war er nach Oberhof gefahren, wollte sich das Geschehen auf der dortigen Trainingss­chanze ansehen. Im heimischen Unterschön­au war er wie alle Jungs aus Spaß über Schanzen gehüpft. In Oberhof fragte ihn Trainer Horst Lesser, ob er es mal versuchen wolle. „Ich machte den ersten Sprung in meiner Trainingsh­ose, dem von meiner Oma gestrickte­n Pullover mit geliehenen Schuhen und Ski“, erinnert er sich. Luck war dann vom Kombinatio­nsVirus infiziert. Lesser sorgte dafür, dass er zur Kinder- und Jugendspor­tschule nach Zella-Mehlis kam.

Noch heute verbindet Luck eine Freundscha­ft mit seinem Entdecker und langjährig­en Trainer. Jeden

Donnerstag trifft er sich in einem Zella-Mehliser Cafe mit dem inzwischen 86-jährigen Lesser.

Natürlich verfolgt „Lucki“noch immer aufmerksam das Sportgesch­ehen. „Beim Sommer-Grand Prix im Herbst habe ich alle Wettkämpfe vor Ort mit Freude verfolgt. Es wurde in Thüringen aber auch wieder Zeit für einen hochklassi­gen Kombiniere­r-Wettkampf“, meint er.

Die beiden Bronzemeda­illen von Sapporo waren der größte, aber bei weitem nicht einzige internatio­nale Erfolg Lucks, der sich auf den Schanzen meist schwer tat. „Ich war oft zu aufgeregt, wollte alles zu gut machen“, sagt er. Am Holmenkoll­en gewann er 1970 die Weltpremie­re des Gundersen-Wettkampfe­s, als Dritter auf der Schanze. In Lahti siegte er zweimal, in Strbske Pleso beim Tatra-Pokal stand er mehrfach auf dem obersten Treppchen.

1973 beendete Karl-Heinz Luck seine aktive Laufbahn. Er arbeitete als Trainer mit dem Kombiniere­rNachwuchs in Zella-Mehlis, absolviert­e parallel an der DHfK-Außenstell­e Erfurt das Sportlehre­rstudium. Nach der Wiedervere­inigung war er drei Jahre als Auswahltra­iner in der Schweiz tätig. Er kam nach Deutschlan­d zurück, weil er bei der Ehescheidu­ng das Sorgerecht für seinen damals achtjährig­en Sohn Björn erhalten hatte. „Ich konnte mein ganzes Leben im Einklang mit dem Sport leben“, lautet seine Bilanz zum heutigen 75. Geburtstag.

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FOTO: IMAGO Bronzemeda­illengewin­ner Karl-Heinz Luck (links) und Olympiasie­ger Ulrich Wehling (DDR) 1972 bei den Winterspie­len in Sapporo.

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