Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Verdrossenheit wird steigen
Die AfD-Fraktion bleibt weiter ohne Landtagsvizepräsident. Auch im dritten Anlauf erreichte ihr Kandidat nicht die nötige Mehrheit. Dabei war die Alternative für Deutschland sogar mit einem frischen Bewerber ins Rennen gegangen. Anstelle der Abgeordneten Tosca Kniese, die Ende des Jahres zweimal durchgefallen war, schien mit dem Jenaer Hochschullehrer und Landtagsparlamentarier Michael Kaufmann jemand gefunden, der mehrheitsfähig ist.
Doch Pustekuchen.
Der Appell von CDU-Fraktionschef Mike Mohring, einen AfDLandtagsvize „auf Bewährung“zu küren, stieß bei Linken, SPD und Grünen auf taube Ohren. Schade eigentlich. Schließlich macht es doch Sinn, dem Kandidaten einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Weil man ihn, wenn er sich als amtsunwürdig erweist, ja wieder abwählen kann.
Aber viele rot-rot-grüne Fraktionäre sind offenbar der Ansicht, dass jemand, der sich mit Fraktionschef Björn Höcke einlässt, per se für hohe staatliche Ämter ungeeignet ist. So bleibt die AfD als einzige Parlamentskraft ohne Landtagsvize und kann sich fortwährend als Opfer linksideologischer Machterhaltungspolitik stilisieren.
Das hat das Parlament ebenso wenig verdient wie das durchschaubare Taktieren der CDU bei der Ministerpräsidentenwahl. Die Union lässt die Auslegung der Geschäftsordnung klären. Darin allerdings steht die gleiche Formulierung wie in der Verfassung. Deshalb, zu welchem Schluss der Justizausschuss und die Landtagspräsidentin am Ende auch kommen: Im Zweifel wird das Verfassungsgericht entscheiden müssen, ob ein Regierungschef im dritten Wahlgang mit mehr Nein- als Ja-Stimmen gewählt werden kann.
Die Folgen des Gezerres, das viele längst nicht mehr durchschauen, sind absehbar: Die Politikerverdrossenheit wird steigen.