Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Coronavirus-Verdacht in Thüringen
Drei Personen in Kliniken in Erfurt und Apolda isoliert. Testergebnisse stehen aus
Erfurt/Apolda. Im Erfurter Heliosklinikum wurden zwei Personen isoliert, eine weitere liegt im Apoldaer Robert-Koch-Krankenhaus in Quarantäne – es sind die ersten Patienten in Thüringen, bei denen der Verdacht einer Infektion mit dem Coronavirus besteht. Bis zum Abend standen die Ergebnisse der Untersuchungen aus. Die erfolgt an der Berliner Charité. Hier werden derzeit alle bundesweit anfallenden molekularbiologischen Untersuchungen ausgewertet.
Sowohl bei den beiden Fällen in
Erfurt als auch in Apolda liegen indes keine „begründeten Verdachtsfälle“nach den vom Robert-KochInstitut aufgestellten Kriterien vor. Demnach müssen Patienten, die als begründete Verdachtsfälle eingestuft werden, sowohl Symptome einer Atemwegserkrankung aufweisen als auch in einem Krisengebiet in China oder mit einer nachgewiesen infizierten Person in Kontakt gewesen sein. Man könne deshalb in Thüringen von einem Anfangsverdacht sprechen, sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Anfrage.
In Erfurt ist seit Mittwoch ein
Mann isoliert, der wenige Tage vorher aus Shanghai zurückgekehrt war. Aus dem Umfeld des Klinikums wird berichtet, dass der Mann schon am Montag erstmals im Klinikum vorstellig geworden sein soll, aber wieder nach Hause geschickt wurde.
Die Klinikleitung dementiert das. Eine Sprecherin sagt auf Anfrage: „Als der Mann sich das erste Mal mit Symptomen vorstellte, haben wir ihn umgehend stationär aufgenommen.“Über die zweite isolierte Person in Erfurt ist bisher nichts bekannt.
Der Mann, den das Robert-KochKrankenhaus
in Apolda aufgenommen hat, stammt aus Jena. Er habe sich selbst in der Klinik vorgestellt, nachdem er von einer China-Reise zurückgekehrt war, bestätigt eine Sprecherin des Landkreises Weimarer Land auf Anfrage. Die zuständige Oberärztin Andrea Kemper sagt dieser Zeitung, dass es sich um einen sogenannten „ungeklärten Fall“handele. Der Mann sei in einem als Krisenregion eingestuften Gebiet in China gewesen, habe aber bisher keine Symptome gezeigt, die auf eine Infektion hindeuten.
Weltweit wurden bis gestern 8100 Corona-Fälle registriert.
Berlin. Das Coronavirus hält die Welt weiter in Atem. Nicht nur, dass die Zahl der Erkrankten immer weiter ansteigt und bereits die der globalen Sars-Pandemie vor 17 Jahren überstiegen hat: Am Donnerstagabend hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Die „größte Sorge“sei, dass sich das Virus auf Länder mit weniger gut ausgestatteten Gesundheitssystemen ausbreite, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus nach einer Krisensitzung in Genf. Die Entscheidung sei kein „Misstrauensvotum“gegen China. Auch sprach sich die WHO ausdrücklich gegen Reise- und Handelsbeschränkungen aus.
Unterdessen sind die Auswirkungen des grassierenden Virus aber längst auch in Europa spürbar. So saßen am Donnerstag im Hafen von Civitavecchia nahe Rom 7000 Passagiere und Besatzungsmitglieder auf einem Kreuzfahrtschiff fest – eine chinesische Touristin hatte mittags über Symptome wie Fieber und Atemprobleme geklagt. Die italienischen Behörden ordneten an, dass die Passagiere die „Costa Smeralda“zunächst nicht verlassen durften. Mediziner seien an Bord gegangen, um Proben zu nehmen, wie eine Sprecherin der Reederei Costa Crociere mitteilte. Erst am späten Abend gab das italienische Gesundheitsministerium Entwarnung: Alle Tests seien negativ ausgefallen.
In Oberbayern stellten die Behörden derweil etwa 90 Menschen unter Quarantäne. Es sind Mitarbeiter des Automobilzulieferers Webasto sowie deren Angehörige – bei vier ihrer Kollegen war das Virus bereits nachgewiesen worden. Sie dürfen ihre Wohnungen vorsorglich nicht verlassen, berichtet „Bild.de“. Die Betroffenen sollen ein FieberTagebuch führen, das Gesundheitsamt
überprüft mit Kontrollanrufen, ob sie wirklich zu Hause sind.
Ihre vier Arbeitskollegen sind die ersten Patienten in Deutschland, die sich nachweislich mit dem Coronavirus angesteckt haben. Sie müssen in der Münchener Klinik Schwabing ausharren, dürfen ihre Isolationszimmer nicht verlassen. „Sie können versichert sein, dass wir diese Patienten sehr genau untersuchen werden“, sagte Chefarzt Clemens Wendtner. „Die vier sind pumperlgsund, haben keine Symptomatik, sind fieberfrei, husten nicht. Denen ist so langweilig, dass sie uns ständig mit der Entlassfrage nerven.“Das ist jedoch kein Grund zur Entwarnung. Denn es ist unklar, wie lange jemand nach dem Verschwinden der Symptome ansteckend bleibt. „Wir werden in den Körpersekreten sehr genau nachschauen, ob wir noch Erreger finden“, betonte Wendtner.
China hat Landung des deutschen Flugzeugs noch nicht genehmigt
Die knapp 100 Deutschen, die aus der vom Coronavirus betroffenen zentralchinesischen Stadt Wuhan ausgeflogen werden, sollen am Sonnabend in Frankfurt am Main landen. Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geschieht dies auf freiwilliger Basis. Dabei ist geplant, die Rückkehrer wegen der möglichen Ansteckungsgefahr 14 Tage lang in Quarantäne zu nehmen. Diejenigen, die ausgeflogen werden wollen, seien vorab darüber informiert, dass sie sich „in Deutschland zentral in die Unterbringung begeben müssen und dort eben auch die Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt sind“, sagte Spahn.
Bis zum späten Donnerstagabend Pekinger Ortszeit hatte China jedoch die Landung eines Flugzeugs der Luftwaffe noch nicht genehmigt. Nach Einschätzung der Bundesregierung hängt dies damit zusammen, dass die Führung in Peking Bilder eines Massenexodus vermeiden wolle, nachdem bereits andere Länder wie die USA und Japan ihre Bürger ausgeflogen hatten. Ausreisen darf nur, wer gesund ist. „Deswegen wird es vor dem Flug medizinische Untersuchungen geben, sowohl durch die chinesische Seite als auch durch unser medizinisches Personal auf dem Flieger“, hieß es aus dem Außenministerium.
Das Gros der Kosten wird die Bundesregierung tragen, die Passagiere müssen sich aber beteiligen. In einem Schreiben des Außenministeriums hieß es: „Die konkrete Höhe der Kostenbeteiligung steht bisher nicht fest. Sie wird sich an der Höhe eines normalen EconomyFlugtickets orientieren.“