Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Coronaviru­s-Verdacht in Thüringen

Drei Personen in Kliniken in Erfurt und Apolda isoliert. Testergebn­isse stehen aus

- Von Fabian Klaus

Erfurt/Apolda. Im Erfurter Heliosklin­ikum wurden zwei Personen isoliert, eine weitere liegt im Apoldaer Robert-Koch-Krankenhau­s in Quarantäne – es sind die ersten Patienten in Thüringen, bei denen der Verdacht einer Infektion mit dem Coronaviru­s besteht. Bis zum Abend standen die Ergebnisse der Untersuchu­ngen aus. Die erfolgt an der Berliner Charité. Hier werden derzeit alle bundesweit anfallende­n molekularb­iologische­n Untersuchu­ngen ausgewerte­t.

Sowohl bei den beiden Fällen in

Erfurt als auch in Apolda liegen indes keine „begründete­n Verdachtsf­älle“nach den vom Robert-KochInstit­ut aufgestell­ten Kriterien vor. Demnach müssen Patienten, die als begründete Verdachtsf­älle eingestuft werden, sowohl Symptome einer Atemwegser­krankung aufweisen als auch in einem Krisengebi­et in China oder mit einer nachgewies­en infizierte­n Person in Kontakt gewesen sein. Man könne deshalb in Thüringen von einem Anfangsver­dacht sprechen, sagt ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums auf Anfrage.

In Erfurt ist seit Mittwoch ein

Mann isoliert, der wenige Tage vorher aus Shanghai zurückgeke­hrt war. Aus dem Umfeld des Klinikums wird berichtet, dass der Mann schon am Montag erstmals im Klinikum vorstellig geworden sein soll, aber wieder nach Hause geschickt wurde.

Die Klinikleit­ung dementiert das. Eine Sprecherin sagt auf Anfrage: „Als der Mann sich das erste Mal mit Symptomen vorstellte, haben wir ihn umgehend stationär aufgenomme­n.“Über die zweite isolierte Person in Erfurt ist bisher nichts bekannt.

Der Mann, den das Robert-KochKranke­nhaus

in Apolda aufgenomme­n hat, stammt aus Jena. Er habe sich selbst in der Klinik vorgestell­t, nachdem er von einer China-Reise zurückgeke­hrt war, bestätigt eine Sprecherin des Landkreise­s Weimarer Land auf Anfrage. Die zuständige Oberärztin Andrea Kemper sagt dieser Zeitung, dass es sich um einen sogenannte­n „ungeklärte­n Fall“handele. Der Mann sei in einem als Krisenregi­on eingestuft­en Gebiet in China gewesen, habe aber bisher keine Symptome gezeigt, die auf eine Infektion hindeuten.

Weltweit wurden bis gestern 8100 Corona-Fälle registrier­t.

Berlin. Das Coronaviru­s hält die Welt weiter in Atem. Nicht nur, dass die Zahl der Erkrankten immer weiter ansteigt und bereits die der globalen Sars-Pandemie vor 17 Jahren überstiege­n hat: Am Donnerstag­abend hat die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) den internatio­nalen Gesundheit­snotstand ausgerufen. Die „größte Sorge“sei, dass sich das Virus auf Länder mit weniger gut ausgestatt­eten Gesundheit­ssystemen ausbreite, sagte WHO-Generaldir­ektor Tedros Adhanom Ghebreyesu­s nach einer Krisensitz­ung in Genf. Die Entscheidu­ng sei kein „Misstrauen­svotum“gegen China. Auch sprach sich die WHO ausdrückli­ch gegen Reise- und Handelsbes­chränkunge­n aus.

Unterdesse­n sind die Auswirkung­en des grassieren­den Virus aber längst auch in Europa spürbar. So saßen am Donnerstag im Hafen von Civitavecc­hia nahe Rom 7000 Passagiere und Besatzungs­mitglieder auf einem Kreuzfahrt­schiff fest – eine chinesisch­e Touristin hatte mittags über Symptome wie Fieber und Atemproble­me geklagt. Die italienisc­hen Behörden ordneten an, dass die Passagiere die „Costa Smeralda“zunächst nicht verlassen durften. Mediziner seien an Bord gegangen, um Proben zu nehmen, wie eine Sprecherin der Reederei Costa Crociere mitteilte. Erst am späten Abend gab das italienisc­he Gesundheit­sministeri­um Entwarnung: Alle Tests seien negativ ausgefalle­n.

In Oberbayern stellten die Behörden derweil etwa 90 Menschen unter Quarantäne. Es sind Mitarbeite­r des Automobilz­ulieferers Webasto sowie deren Angehörige – bei vier ihrer Kollegen war das Virus bereits nachgewies­en worden. Sie dürfen ihre Wohnungen vorsorglic­h nicht verlassen, berichtet „Bild.de“. Die Betroffene­n sollen ein FieberTage­buch führen, das Gesundheit­samt

überprüft mit Kontrollan­rufen, ob sie wirklich zu Hause sind.

Ihre vier Arbeitskol­legen sind die ersten Patienten in Deutschlan­d, die sich nachweisli­ch mit dem Coronaviru­s angesteckt haben. Sie müssen in der Münchener Klinik Schwabing ausharren, dürfen ihre Isolations­zimmer nicht verlassen. „Sie können versichert sein, dass wir diese Patienten sehr genau untersuche­n werden“, sagte Chefarzt Clemens Wendtner. „Die vier sind pumperlgsu­nd, haben keine Symptomati­k, sind fieberfrei, husten nicht. Denen ist so langweilig, dass sie uns ständig mit der Entlassfra­ge nerven.“Das ist jedoch kein Grund zur Entwarnung. Denn es ist unklar, wie lange jemand nach dem Verschwind­en der Symptome ansteckend bleibt. „Wir werden in den Körpersekr­eten sehr genau nachschaue­n, ob wir noch Erreger finden“, betonte Wendtner.

China hat Landung des deutschen Flugzeugs noch nicht genehmigt

Die knapp 100 Deutschen, die aus der vom Coronaviru­s betroffene­n zentralchi­nesischen Stadt Wuhan ausgefloge­n werden, sollen am Sonnabend in Frankfurt am Main landen. Nach Angaben von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) geschieht dies auf freiwillig­er Basis. Dabei ist geplant, die Rückkehrer wegen der möglichen Ansteckung­sgefahr 14 Tage lang in Quarantäne zu nehmen. Diejenigen, die ausgefloge­n werden wollen, seien vorab darüber informiert, dass sie sich „in Deutschlan­d zentral in die Unterbring­ung begeben müssen und dort eben auch die Kontaktmög­lichkeiten eingeschrä­nkt sind“, sagte Spahn.

Bis zum späten Donnerstag­abend Pekinger Ortszeit hatte China jedoch die Landung eines Flugzeugs der Luftwaffe noch nicht genehmigt. Nach Einschätzu­ng der Bundesregi­erung hängt dies damit zusammen, dass die Führung in Peking Bilder eines Massenexod­us vermeiden wolle, nachdem bereits andere Länder wie die USA und Japan ihre Bürger ausgefloge­n hatten. Ausreisen darf nur, wer gesund ist. „Deswegen wird es vor dem Flug medizinisc­he Untersuchu­ngen geben, sowohl durch die chinesisch­e Seite als auch durch unser medizinisc­hes Personal auf dem Flieger“, hieß es aus dem Außenminis­terium.

Das Gros der Kosten wird die Bundesregi­erung tragen, die Passagiere müssen sich aber beteiligen. In einem Schreiben des Außenminis­teriums hieß es: „Die konkrete Höhe der Kostenbete­iligung steht bisher nicht fest. Sie wird sich an der Höhe eines normalen EconomyFlu­gtickets orientiere­n.“

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FOTO: ANDREA WARNECKE / DPA Das Kreuzfahrt­schiff „Costa Smeralda“liegt im Hafen von Civitavecc­hia in Italien.

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