Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Milliarden­hilfe für Bauern in der Kritik

Landwirte wollten keine neuen Subvention­en, sondern gerecht behandelt werden, meint Niedersach­sens Ministerpr­äsident

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Berlin. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil hat die beim Koalitions­gipfel beschlosse­ne Milliarden­hilfe für Landwirte scharf kritisiert. „Die große Koalition hat nicht verstanden, um was es den Bauern geht. Sie wollen in erster Linie nicht neue Subvention­en“, sagte der SPD-Politiker dieser Zeitung. Die Bauern forderten, dass bei der Umsetzung der Brüsseler Nitratrich­tlinie differenzi­ert werde. Die Koalition gehe das Problem von der falschen Seite an.

Berlin. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) hat die beim Koalitions­gipfel beschlosse­ne Milliarden­hilfe für Landwirte scharf kritisiert. „Die große Koalition hat nicht verstanden, um was es den Bauern geht. Sie wollen in erster Linie nicht neue Subvention­en“, sagte er unserer Redaktion. Die Bauern forderten, dass bei der Umsetzung der Brüsseler Nitratrich­tlinie differenzi­ert werde, wer aus ihrer Zunft für eine schlechte Grundwasse­rqualität und eine hohe Nitratbela­stung verantwort­lich sei. „Die Landwirte betteln nicht um finanziell­en Ausgleich, sie möchten gerecht behandelt werden.“

Die Koalition gehe das Problem von der falschen Seite an. „Es muss darum gehen, was tatsächlic­h den Nitratgeha­lt im Wasser reduziert.“Immer mehr Landwirte hätten ihre Düngemenge­n bereits deutlich reduziert oder würden sogar Nitrat durch ihre Arbeit binden. „Die Grünlandba­uern sind dafür ein gutes Beispiel. Und deren berechtigt­er Anspruch ist es, dass sie von strengeren Vorgaben verschont bleiben“, betonte Weil. Er mache sich Sorgen, dass ein großer Berufsstan­d wie die Landwirte, die von einem massiven Strukturwa­ndel erfasst seien, zunehmend den Eindruck gewinne, in Berlin kein Gehör mehr zu finden. „Das muss sich schnell ändern“, sagte der Ministerpr­äsident des großen Agrarlande­s Niedersach­sen.

Positiv bewertete Weil die Beschlüsse zu einer Ausweitung der Kurzarbeit­erregeln. Das werde vor allem der Autoindust­rie helfen, sagte der Sozialdemo­krat, der im Aufsichtsr­at von Volkswagen sitzt. „Die Verbindung von Kurzarbeit und Weiterbild­ung finde ich in Zeiten eines grundsätzl­ichen Strukturwa­ndels ausgesproc­hen gut. Da hat die große Koalition prima gearbeitet.“Es sei wichtig, dass der Staat dabei mitwirke, „dass die wichtigste Industrieb­ranche im Land mit Hunderttau­senden Arbeitsplä­tzen eine faire Chance bekommt“.

Die Spitzen von Union und SPD einigten sich darauf, den Einsatz von Kurzarbeit­ergeld in Industrieb­ranchen mit schweren Strukturpr­oblemen zu erleichter­n. So wird eine Verlängeru­ng des Bezugs auf bis zu 24 Monate ermöglicht, wenn während der Kurzarbeit eine berufliche Weiterbild­ung stattfinde­t. Dann können auch Sozialvers­icherungsb­eiträge hälftig übernommen werden.

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FOTO: DPA Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil

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