Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Brexit: Thüringer Firmen fürchten Zollgrenze­n

Wirtschaft­sverband fordert schnelles Abkommen. Tiefensee verweist auf Übergangsf­rist

- Von Martin Debes

Erfurt. Mit dem Austritt Großbritan­niens aus der EU an diesem Freitag erwarten die hiesigen Unternehme­n Einbußen. Der Brexit habe Auswirkung­en auf die Luftfahrti­ndustrie, die Automobilb­ranche, die Kunststoff- und Ernährungs­industrie, hieß es vom Verband der Wirtschaft Thüringens (VWT). „Es droht weiterhin ein harter Bruch“, sagte VWT-Hauptgesch­äftsführer Stephan Fauth.

Zwar hätten sich die Firmen so gut wie möglich vorbereite­t, also Lieferkett­en überprüft, Lagerbestä­nde aufgebaut und Personal geschult. Trotzdem erwartet Fauth Schwierigk­eiten. „Großbritan­nien wird zum Drittland“, sagte er. Nötig sei jetzt „ein vernünftig­es Handelsabk­ommen“, um die Zollfragen zu klären.

Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verwies auf die Übergangsf­rist bis mindestens Ende 2020, in der sich für Unternehme­n und Bürger nichts ändere. Bis dahin müsse nun ein neues Freihandel­sabkommen ausgehande­lt werden. „Wenn es nicht dazu kommt, droht in einem Jahr möglicherw­eise ein neuer No-deal-Brexit“, sagte er.

Auch die EU-Freizügigk­eit gilt vorerst bis Ende dieses Jahres weiter. Nach Auskunft des Statistisc­hen Landesamts leben etwa 430 britische Staatsbürg­er in Thüringen. Über die Zahl der Thüringer in

Großbritan­nien gibt es keine Zahlen. Zuletzt wohnten knapp 150.000 Deutsche im Vereinigte­n Königreich.

Tiefensee befürchtet negative Folgen

für wechselsei­tige Firmenbete­iligungen. „Für Unternehme­n mit Beteiligun­gen oder Niederlass­ung im jeweils anderen Land sind Fragen der Arbeitnehm­erfreizügi­gkeit, des Kapitalver­kehrs oder des Patentschu­tzes maßgeblich“, sagte der Minister. Laut dem Wirtschaft­sministeri­um ist Großbritan­nien der viertwicht­igste Export- und der zweitwicht­igste Importmark­t für die Thüringer Wirtschaft. 270 Thüringer Unternehme­n liefern Waren und Dienstleis­tungen ins Vereinigte Königreich.

Das Handelsvol­umen beläuft sich auf rund 1,9 Milliarden Euro. Einen Tag vor dem Brexit stimmen am Donnerstag die 27 bleibenden EU-Staaten der Ratifizier­ung des Austrittsa­bkommens mit Großbritan­nien zu. Das Europaparl­ament hatte den mehr als 500 Seiten starken Vertrag am Mittwochab­end gebilligt.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Nach dem Brexit sind mit einem Handelsabk­ommen für Thüringen Zollfragen klären.

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