Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Das neue „Burgertum“zu Erfurt
Restaurantszene der Stadt wächst – mit den Edelburger-Ketten Hans im Glück und Peter Pane. Vapiano ist ungewiss
Erfurt. In der Landeshauptstadt wird demnächst gastronomisch einiges in Bewegung geraten. Oder auch nicht. Drei Restaurantketten haben angekündigt, neue Filialen in Thüringens Landeshauptstadt zu eröffnen. Bei zweien klingt das realistisch. Bei einer, die diesen Plan schon länger hegt, wohl eher nicht.
Diese eine besagte Kette, Vapiano, hatte genau vor zwei Jahren mit großem Tamtam angekündigt, an der Ecke Bahnhofstraße/Augustmauer, in einem ehemaligen Bankgebäude, ein Lifestyle-Restaurant eröffnen zu wollen. Tatsächlich regte sich dann auch einiges. Baufirmen und Handwerker begannen umzubauen. Von einem 500 Quadratmeter großen Gastraum im typischen Vapiano-Stil mit 200 Sitzplätzen und einem Mitarbeiterstab von 60 Leuten war die Rede. Mit dem Angebot von in Schauküchen vor den Augen der Gäste zubereiteten Pasta- und Pizzagerichten wollte man vor allem junge Erwachsene ködern. Dann stagnierte der Ausbau und die Eröffnung wurde erst auf März, dann auf April 2019 verschoben. Vapianos Immobilienchef Werner Engels ließ wissen, man habe Probleme, spezielle Handwerker für den Einbau der Lüftungs- und Küchentechnik zu bekommen. Dazu gesellten sich Börsenturbulenzen, die Aktie des Unternehmens stürzte ab. Dennoch postulierte das Kölner Unternehmen, man halte an der Neueröffnung fest. Alles hänge an den Verträgen mit einem Betreiber, den man gewinnen wolle.
Ende Januar 2020 stellt sich die Situation unverändert dar. Das folieverklebte Restaurant liegt weiter im Dornröschenschlaf. Nichts deutet auf seine baldige Eröffnung hin. Was wohl auch daran liege, dass sich keiner auf die riskanten Knebelverträge mit Vapiano einlassen wolle, wird unter Erfurts Gastronomen gemunkelt. Von Vapiano ist außer Statements per Mail nichts mehr zu hören. Anrufe laufen ins Leere. Perspektive : ungeklärt.
„Hans im Glück“am Fischmarkt 19
Deutliche Zeichen setzen hingegen zwei Unternehmen, die mal eines waren – „Hans im Glück“und „Peter Pane“. „Hans im Glück“, gegründet 2010, galt in der deutschen Systemgastronomie lange als Überflieger. Im Herbst 2019 betrieb man
81 Restaurants in Deutschland, Österreich, der Schweiz. 2015 geriet sich die Führung in die Haare, ging getrennte Wege. Der fortdauernde „Burgerstreit“wurde 2018 beigelegt. Beide Ketten expandieren mit ihren Schnellrestaurants. Auch diese beiden Unternehmen zielen mit ihrem Angebot auf ein eher junges Publikum. Beide erklärten, sich in Erfurt ansiedeln zu wollen.
„Hans im Glück“hat sich ein ideal gelegenes „touristisches Nadelöhr“für seine Filiale ausgesucht. Das ehemalige FAM im Fischmarkt
19. Das Haus hatte die Handwerkskammer 2018 bei einer Zwangsversteigerung erworben, sich aber offenbar verkalkuliert. Zu dem im Bieterstreit mit der Sparkasse Mittelthüringen
auf 3,3 Millionen Euro getriebenen Kaufpreis kamen noch hohe Kosten für den Brandschutz. Alles zusammen so um die vier Millionen Euro. Ein teurer Spaß, für eine geplante Glaswerkstatt und Büroräume, wie vom Handwerkskammer-Geschäftsführer Thomas Malcherek erklärt wurde. Aus welchen Gründen auch immer hat man wieder verkauft. An das Düsseldorfer Immobilienunternehmen RMA Projekt dreizehnte. Das wiederum vermietet an „Hans im Glück“.
Im Erdgeschoss werkeln seit geraumer Zeit Bauleute, reißen Wände heraus, modellieren um. Man kann durch das Haus hindurchschauen. Bis auf das riesige Tor, wegen dem die Handwerkskammer heftigen Ärger mit der Stadt bekam, weil es in seiner Massivität die Giebelseite der Alten Synagoge für Einblicke verdeckte. „Hans im Glück“-Sprecher Christoph Wegener konnte nicht mit letzter Sicherheit sagen, wie man damit verfahren wird. Es werde aber Veränderungen – z.B. einen Sommergarten – geben. Man stimme sich dazu eng mit Vermieter, Denkmalschutz und Stadt ab. Auch zum geplanten Eröffnungstermin des künftig 195 Plätze fassenden Restaurants hielt sich Wegener noch bedeckt, ließ aber den Sommer dieses Jahres anklingen. Man liege voll im Plan. Das Unternehmen wird aber versuchen, die Eröffnung so zu legen, dass es viel vom Geschäft mit den immer größer werdenden Besucherströmen am „touristischen Nadelöhr“mitnimmt. Daran werde auch die kürzlich für Unruhe sorgende Nachricht, „Hans im Glück“solle für 25 Millionen Euro verkauft werden, nichts ändern, hatte Unternehmenssprecher Wegener versichert.
Auch in der neuen „Peter Pane“-Filiale am Anger, im BismarckHaus, in dem bis vor geraumer Zeit noch eine Modekette residierte, sind Baugeräusche zu hören. Ein Blick durch die Folienabklebung bestätigt: hier geht es voran. Erst am Dienstag wurden lange Elektrokabel im weiträumigen Erdgeschoss gezogen. Auf Anfrage zum Eröffnungstermin teilte das Unternehmen in Lübeck, das seit 2015 vor allem im norddeutschen Raum viele Filialen – insgesamt bislang 35 - gegründet hat und nach dem im „Nimmerland“lebenden Jungen Peter Pan, der nie erwachsen werden wollte, benannt ist, mit: April 2019.