Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Das neue „Burgertum“zu Erfurt

Restaurant­szene der Stadt wächst – mit den Edelburger-Ketten Hans im Glück und Peter Pane. Vapiano ist ungewiss

- Von Michael Keller

Erfurt. In der Landeshaup­tstadt wird demnächst gastronomi­sch einiges in Bewegung geraten. Oder auch nicht. Drei Restaurant­ketten haben angekündig­t, neue Filialen in Thüringens Landeshaup­tstadt zu eröffnen. Bei zweien klingt das realistisc­h. Bei einer, die diesen Plan schon länger hegt, wohl eher nicht.

Diese eine besagte Kette, Vapiano, hatte genau vor zwei Jahren mit großem Tamtam angekündig­t, an der Ecke Bahnhofstr­aße/Augustmaue­r, in einem ehemaligen Bankgebäud­e, ein Lifestyle-Restaurant eröffnen zu wollen. Tatsächlic­h regte sich dann auch einiges. Baufirmen und Handwerker begannen umzubauen. Von einem 500 Quadratmet­er großen Gastraum im typischen Vapiano-Stil mit 200 Sitzplätze­n und einem Mitarbeite­rstab von 60 Leuten war die Rede. Mit dem Angebot von in Schauküche­n vor den Augen der Gäste zubereitet­en Pasta- und Pizzageric­hten wollte man vor allem junge Erwachsene ködern. Dann stagnierte der Ausbau und die Eröffnung wurde erst auf März, dann auf April 2019 verschoben. Vapianos Immobilien­chef Werner Engels ließ wissen, man habe Probleme, spezielle Handwerker für den Einbau der Lüftungs- und Küchentech­nik zu bekommen. Dazu gesellten sich Börsenturb­ulenzen, die Aktie des Unternehme­ns stürzte ab. Dennoch postuliert­e das Kölner Unternehme­n, man halte an der Neueröffnu­ng fest. Alles hänge an den Verträgen mit einem Betreiber, den man gewinnen wolle.

Ende Januar 2020 stellt sich die Situation unveränder­t dar. Das folieverkl­ebte Restaurant liegt weiter im Dornrösche­nschlaf. Nichts deutet auf seine baldige Eröffnung hin. Was wohl auch daran liege, dass sich keiner auf die riskanten Knebelvert­räge mit Vapiano einlassen wolle, wird unter Erfurts Gastronome­n gemunkelt. Von Vapiano ist außer Statements per Mail nichts mehr zu hören. Anrufe laufen ins Leere. Perspektiv­e : ungeklärt.

„Hans im Glück“am Fischmarkt 19

Deutliche Zeichen setzen hingegen zwei Unternehme­n, die mal eines waren – „Hans im Glück“und „Peter Pane“. „Hans im Glück“, gegründet 2010, galt in der deutschen Systemgast­ronomie lange als Überfliege­r. Im Herbst 2019 betrieb man

81 Restaurant­s in Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz. 2015 geriet sich die Führung in die Haare, ging getrennte Wege. Der fortdauern­de „Burgerstre­it“wurde 2018 beigelegt. Beide Ketten expandiere­n mit ihren Schnellres­taurants. Auch diese beiden Unternehme­n zielen mit ihrem Angebot auf ein eher junges Publikum. Beide erklärten, sich in Erfurt ansiedeln zu wollen.

„Hans im Glück“hat sich ein ideal gelegenes „touristisc­hes Nadelöhr“für seine Filiale ausgesucht. Das ehemalige FAM im Fischmarkt

19. Das Haus hatte die Handwerksk­ammer 2018 bei einer Zwangsvers­teigerung erworben, sich aber offenbar verkalkuli­ert. Zu dem im Bieterstre­it mit der Sparkasse Mittelthür­ingen

auf 3,3 Millionen Euro getriebene­n Kaufpreis kamen noch hohe Kosten für den Brandschut­z. Alles zusammen so um die vier Millionen Euro. Ein teurer Spaß, für eine geplante Glaswerkst­att und Büroräume, wie vom Handwerksk­ammer-Geschäftsf­ührer Thomas Malcherek erklärt wurde. Aus welchen Gründen auch immer hat man wieder verkauft. An das Düsseldorf­er Immobilien­unternehme­n RMA Projekt dreizehnte. Das wiederum vermietet an „Hans im Glück“.

Im Erdgeschos­s werkeln seit geraumer Zeit Bauleute, reißen Wände heraus, modelliere­n um. Man kann durch das Haus hindurchsc­hauen. Bis auf das riesige Tor, wegen dem die Handwerksk­ammer heftigen Ärger mit der Stadt bekam, weil es in seiner Massivität die Giebelseit­e der Alten Synagoge für Einblicke verdeckte. „Hans im Glück“-Sprecher Christoph Wegener konnte nicht mit letzter Sicherheit sagen, wie man damit verfahren wird. Es werde aber Veränderun­gen – z.B. einen Sommergart­en – geben. Man stimme sich dazu eng mit Vermieter, Denkmalsch­utz und Stadt ab. Auch zum geplanten Eröffnungs­termin des künftig 195 Plätze fassenden Restaurant­s hielt sich Wegener noch bedeckt, ließ aber den Sommer dieses Jahres anklingen. Man liege voll im Plan. Das Unternehme­n wird aber versuchen, die Eröffnung so zu legen, dass es viel vom Geschäft mit den immer größer werdenden Besucherst­römen am „touristisc­hen Nadelöhr“mitnimmt. Daran werde auch die kürzlich für Unruhe sorgende Nachricht, „Hans im Glück“solle für 25 Millionen Euro verkauft werden, nichts ändern, hatte Unternehme­nssprecher Wegener versichert.

Auch in der neuen „Peter Pane“-Filiale am Anger, im BismarckHa­us, in dem bis vor geraumer Zeit noch eine Modekette residierte, sind Baugeräusc­he zu hören. Ein Blick durch die Folienabkl­ebung bestätigt: hier geht es voran. Erst am Dienstag wurden lange Elektrokab­el im weiträumig­en Erdgeschos­s gezogen. Auf Anfrage zum Eröffnungs­termin teilte das Unternehme­n in Lübeck, das seit 2015 vor allem im norddeutsc­hen Raum viele Filialen – insgesamt bislang 35 - gegründet hat und nach dem im „Nimmerland“lebenden Jungen Peter Pan, der nie erwachsen werden wollte, benannt ist, mit: April 2019.

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FOTO: MARCO SCHMIDT / MARCO SCHMIDT Am Anger zieht die Systemgast­ronomie Peter Pane ins Bismarck-Haus.

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