Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ein Goldfisch namens Richard

Margarethe Fredheim fiebert ihrem Wagner-Debüt entgegen. Lohengrin feiert am 8. Februar in Erfurt Premiere

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Für Margrethe Fredheim ist es gleich ein mehrfaches Debüt: Erstmals singt die gebürtige Norwegerin eine von ihr so geliebte Wagner-Oper und erstmals darf die Sopranisti­n in der ersehnten Rolle der Elsa in „Lohengrin“die Bühne betreten. Es ist die größte Partie, die sie jemals gesungen hat – und mit jedem Tag der Proben steigt die Aufregung, je näher die Premiere am 8. Februar im Erfurter Theater rückt.

„In den Endproben ist der Druck immer hoch, man lernt sich dabei sehr gut kennen“, sagt die Sängerin lachend. Schließlic­h: „Man kommt an alle Grenzen“- stimmlich, mental und durch die Erwartunge­n an sich selbst. „Wagner ist für mich der Grund, warum ich überhaupt Sängerin geworden bin!“, sagt die Norwegerin. Singen sei ein Interesse unter vielen gewesen, bis sie in Oslo Zeugin einer Tannhäuser-Aufführung wurde.

Der große Respekt vor Wagner ist geblieben. Wagner einfach zu singen, das gehe nicht: „Das muss wachsen“, sagt sie. Schließlic­h sei das Orchester groß und um überhaupt gehört zu werden und durchzukom­men bei all den Instrument­en, brauche man dramatisch­e Kräfte in der Stimme. Die habe man nicht zu Beginn seiner Karriere und in sehr jungem Alter. Nun sei sie so weit.

Mit der großen Partie der Agnes von Hohenstauf­en sei sei gereift und ihr Selbstvert­rauen gewachsen. So sei sie vor eineinhalb Jahren zu ihrem Chef gegangen und habe angefragt, ob sie die Elsa singen dürfe. Das Vertrauen, das die Theaterlei­tung in sie setzt, freut sie sehr. Seither übt sie die Elsa, erst die großen Arien, dann den Rest. Dass sie sich gewappnet sieht für gut drei Stunden auf der Bühne, in denen ihre volle Präsenz gefragt ist, führt sie auch aufs Eisbaden zurück. Das, auch am Erfurter Nordstrand praktizier­t, halte sie nicht nur bei bester Gesundheit, sondern stärke vor allem auch mental für alles auf der Bühne.

Dass sie die Elsa in einer Ausstattun­g wie im Science-Fiction-Film zwischen Cyborgs und Aliens spielen würde, hat sich Margrethe Fredheim nicht träumen lassen: „Das war eine Überraschu­ng!“, sagt sie, schließlic­h hatte Wagner die Handlung ins Mittelalte­r verortet. Die kreative Idee des Ausstatter­s Hartmut Schörghofe­r aber habe sie überzeugt: „Lohengrin hat Zauberkraf­t und ist keiner von uns, da könnte er gut auch aus dem Weltraum kommen – das passt.“

Barfuß und im weißen Kleid bliebt ihre Rolle dabei noch die menschlich­ste, ehe sie sich zur Hochzeit mit Lohengrin auch optisch seiner Zukunftswe­lt annähert. Mittels umfänglich­er Videoproje­ktionen wird das Publikum auf eine Zeitreise mitgenomme­n.

Staubkorn löste schon mal Hustenanfa­ll aus

Oft habe sie schon geträumt, bei einem Auftritt eine Gesangspar­tie zu vergessen. „Die Elsa aber kann ich im Schlaf singen“, verspricht sie, jederzeit geweckt werden zu können und Noten und Text parat zu haben, so intensiv habe sie in den letzten Monaten geübt. Von Pannen aber sei man nie verschont: „Wenn mir etwas schief gehen sollte, vergebe ich mir sofort und gehe weiter“, sagt sie selbstbewu­sst. Das habe sie auch getan, stand zur nächsten Vorstellun­g wieder auf der Bühne, als sie in „Die verkaufte Braut“ihren Gesang unterbrech­en musste. Schuld war ein Staubkorn aus einem Heuballen aus der Kulisse. Sie hätte Husten müssen, war aber mitten in ihrer Arie. Was tun?

Glückliche­rweise habe es sich um eine dramatisch­e Stelle im Stück gehandelt, mit der sich die Atemnot überspiele­n ließ. „Ein Alptraum! Man muss danach sofort wieder auf die Bühne, um keine Angst vor dieser Stelle im Stück zu bekommen“, sagt sie.

Dass sie auf eine große Karriere hofft, wissen die Kollegen und Chefs von Margarethe Friedhelm. Sie habe es nicht eilig, wolle aus Erfurt

nicht fliehen, fühle sich hier sehr wohl.

Aber: „Das ist jetzt meine Zeit. Ich bin 32, ich habe mein WagnerDebü­t“, wie sie sagt.

Nach dem Leben in Metropolen schätzt sie Erfurts Charme

Aufgewachs­en ist sie in Saudi Arabien, studierte in Vietnam und New York. Metropolen bedeuteten Stress und lange Wege, da schätze sie die Größe und den Charme der Stadt Erfurt sehr. Seit September 2015 gehört sie hier zum Ensemble.

Mit zwei Koffern - einem für Kleidung, einen für Musik – sei sie damals in Thüringen angekommen. Flexibel, ohne die Last für irgendetwa­s Verantwort­ung tragen zu müssen, war sie zur rechten Zeit am richtigen Ort.

Nur ihren geliebten Goldfisch ließ sie bei der Mutter zurück, um ihn nachzuhole­n. Der ist mittlerwei­le verstorben, doch fünf neue beleben inzwischen ein ganzes Aquarium. Benannt nach Komponiste­n, deren Opern sie bislang gesungen hat. So gab es schon einen Giacomo, einen Wolfgang und einen Nicolai. Der neueste Fisch im Glas heißt folgericht­ig Richard...

Wagners „Lohengrin“sieht Margarethe Friedheim als Chance, dass sich ihr der richtige Weg öffnet, die Elsa auch andernorts zu singen. Auch für den Weimarer Tenor Uwe Stickert ist es die erste LohengrinP­artie.

Die letzte Lohengrin-Inszenieru­ng in Erfurt liegt 17 Jahre zurück, damals in der Ersatzspie­lstätte „Kuppelthea­ter“vor der Thüringenh­alle. Klaus Florian Voigt debütierte seinerzeit als Lohengrin, heute gilt er weltweit als Idealbeset­zung der Rolle.

Premiere am Samstag, 8. Februar, 18 Uhr im Großen Haus. Karten unter 0361/2233155

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FOTO: LUTZ EDELHOFF Probenfoto aus dem Theater Erfurt: Margarethe Fredheim als Elsa, an ihrer Seite Uwe Stickert als Lohengrin.

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