Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Pflegerin soll Frühchen vergiftet haben
Mitarbeiterin der Ulmer Uniklinik in Haft. Muttermilch wurde mit Morphium vermischt
Ulm. Alarm auf der Überwachungsstation: Fünf Früh- und Neugeborene leiden in der Nacht zum 20. Dezember an akuter Atemnot. Ärzte, Schwestern und Pfleger der Ulmer Universitätsklinik rotieren. Künstliche Beatmung, Bluttests. Eine Infektion? Es dauert 48 Stunden, bis die Säuglinge wieder selbstständig atmen und nach Hause entlassen werden können. Fünf Wochen danach erfahren die Eltern, dass eine Krankenschwester versucht haben soll, die Kinder mit Morphium zu töten oder zumindest lebensbedrohlich krank zu machen.
Gegen die Frau sei Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und geund fährlicher Körperverletzung erlassen worden, teilte der Leiter der Ulmer Staatsanwaltschaft, Christof Lehr, am Donnerstag mit. Im Spind der Frau in der Klinik hätten Ermittler eine Spritze entdeckt. Der Inhalt: Muttermilch mit Morphium vermischt. Die junge Frau – genauere Angaben zur Person machten die Ermittler aus taktischen Gründen zunächst nicht – sitzt seit Mittwochnachmittag in U-Haft. „Sie hat umfassende Angaben gemacht“, sagte Lehr. Aber den Tatvorwurf bestreite sie.
Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch das Klinikum – Wochen nach dem Alarmfall. Am 17. Januar erstattete die Klinikleitung Anzeige, nachdem sich in Urinproben der Kinder Rückstände von Morphium fanden. „Wir bedauern es sehr, dass es zu einem solchen Zwischenfall gekommen ist, und entschuldigen uns ausdrücklich bei den Eltern Kindern dafür“, erklärte die Klinik.
Das Motiv sei bislang nicht bekannt, erklären die Ermittler. Anhaltspunkte könnten sich vielleicht aus dem Studium eines anscheinend ähnlichen Falls im Uniklinikum Marburg ergeben. Dort hatte eine Kinderkrankenschwester zwischen Dezember 2015 und Februar 2016 drei frühgeborenen Mädchen ärztlich nicht verordnete Beruhigungsund Narkosemittel verabreicht. Die Frau, die wegen schwacher Leistungen aufgefallen sei, hatte sich dem Landgericht Marburg zufolge als Retterin profilieren wollen.