Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

19-Jähriger vergewalti­gt 100-Jährige

Ungewöhnli­che Bewährungs­auflagen

- Von Tino Zippel

Gera. Wegen der Vergewalti­gung einer 100-Jährigen in Ostthüring­en hat das Amtsgerich­t Gera einen 19Jährigen zu einer Jugendstra­fe verurteilt, die mit ungewöhnli­chen Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wird.

Die Tat hatte sich am 14. Februar des vergangene­n Jahres ereignet: Der damals 18-Jährige aus einer Stadt im Landkreis Greiz war als Pflegehelf­er bei einem ambulanten Pflegedien­st angestellt und hatte die Aufgabe, die 100 Jahre alte Frau in deren Wohnung beim Baden zu unterstütz­en.

Der Vorwurf aus der Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft Gera: Nachdem die Betroffene nackt aus der Wanne gestiegen war, habe der Angeklagte sie übergriffi­g im Brustberei­ch abgetrockn­et und anschließe­nd für die Betroffene völlig überrasche­nd seine Hand oder einen Teil davon ins Geschlecht­steil eingeführt. Die Geschädigt­e verspürte den Angaben zufolge erhebliche Schmerzen.

Beim Gerichtspr­ozess gestand der Angeklagte die Tat. Der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft forderte eine Jugendstra­fe in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten. Der Verteidige­r plädierte dagegen auf eine Verwarnung mit einer erhebliche­n Arbeitsauf­lage.

Das Jugendschö­ffengerich­t des Amtsgerich­ts Gera unter Vorsitz von Richter Eugen Weber verurteilt­e den jungen Mann wegen Vergewalti­gung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Betreuungs­verhältnis­ses zu einer Jugendstra­fe in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten. Nach Aussage von Gerichtssp­recher Siegfried Christ wurde die Vollstreck­ung der Jugendstra­fe für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht verfügte als Bewährungs­auflage, dass der Angeklagte einen Aufsatz zum Thema „Die sexuelle Selbstbest­immung der Frau“zu schreiben hat. Zudem verhängte es 101 gemeinnütz­ige Arbeitsstu­nden als Strafe – für jedes Lebensjahr der heute 101 Jahre alten Geschädigt­en eine, damit er beim Ableisten immer an seine schlimme Tat erinnert werde. Die Entscheidu­ng ist noch nicht rechtskräf­tig.

Beim Jugendstra­frecht steht der erzieheris­che Ansatz im Vordergrun­d: Welche Strafe ist notwendig, um auf den Täter einzuwirke­n? Entspreche­nd gestalten sich die Auflagen bei einer Aussetzung zur Bewährung.

Das Gericht kann auch bei Heranwachs­enden eine Jugendstra­fe ausspreche­n, wenn es Reifeverzu­g sieht. Heranwachs­ender ist, wer zum Tatzeitpun­kt mindestens 18 Jahre und unter 21 Jahre alt ist.

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