Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Weiter so, Sascha!“
Trotz vertaner Chance auf das Endspiel begeistert Alexander Zverev bei den Australian Open
Melbourne. Alexander Zverev umarmte nach der vergebenen FinalChance bei den Australian Open mit enttäuschtem Blick seinen Kumpel Dominic Thiem, unter begeistertem Applaus verließ er die Rod-Laver-Arena. Trotz eines starken Auftritts ist der 22-jährige Tennis-Profi aus Hamburg im Halbfinale des Grand-Slam-Turniers ausgeschieden. In einer hochklassigen und mitreißenden Partie musste sich Zverev am Freitag in Melbourne dem Österreicher Dominic Thiem mit 6:3, 4:6, 6:7 (3:7), 6:7 (4:7) geschlagen geben. „Er kann stolz sein auf seine Leistung“, urteilte Boris Becker als TV-Experte bei Eurosport. „Die Reise, auf der er ist, ist wunderbar. Weiter so, Sascha.“
Im Endspiel am Sonntag (9.30 Uhr MEZ/Eurosport) spielt aber der Weltranglisten-Fünfte und zweimalige French-Open-Finalist Thiem gegen den serbischen Vorjahressieger Novak Djokovic um den Titel. „Jeder von uns hätte gewinnen können“, sagte der 26-jährige Thiem und lobte den unterlegenen Hamburger: „Ich denke, wir müssen nicht mehr lange warten bis zu seinem ersten Grand-Slam-Finale. Ich denke, dieses Turnier ist ein großer Durchbruch für ihn.“
Zverev hatte da schon seine beiden Tennistaschen geschultert und auf dem Weg in die Katakomben noch einen aufmunternden Klaps von US-Tennis-Ikone John McEnroe bekommen. Der WeltranglistenSiebte darf sich nach seinen überraschend beeindruckenden Vorstellungen mit Stolz von den Australian Open verabschieden, muss auf seine erste Titelchance bei einem Grand Slam aber weiter warten.
In seinem Halbfinal-Debüt bei einem der vier wichtigsten TennisTurniere der Welt weckte Zverev Hoffnungen, in entscheidenden Phasen war sein Kumpel Thiem aber der bessere Halbfinalist. Ein
Schlüssel war der im Tiebreak verlorene dritte Satz nach zwei Satzbällen bei 5:4, die der Österreicher glänzend abwehrte.
Rainer Schüttler bleibt damit bislang letzter deutscher Grand-SlamFinalist bei den Herren, er verlor 2003 in Melbourne im Endspiel gegen den Amerikaner Andre Agassi. Den letzten deutschen GrandSlam-Sieg feierte Boris Becker 1996 Down Under – anders als bei den Damen mit Angelique Kerber knüpfen die Nachfolger bei den Herren an diese Zeiten noch nicht an. Zverevs Anspruch ist es. „Ich wollte es so sehr. Ich habe immer gedacht: Das ist der Grund, warum ich Tennis spiele. Hier bin ich relaxter“, hatte er begründet, warum er diesmal erstmals bei einem Grand Slam über das Viertelfinale hinauskam.
„Als ich ihn vor zwei Wochen gesehen habe, habe ich ein anderes Gefühl gehabt. Er hat uns alle eines Besseren belehrt“, sagte Becker.
In seinem bisher größten GrandSlam-Match wirkte Zverev, erster deutscher Grand-Slam-Halbfinalist seit Tommy Haas 2009, unbeeindruckt von der Kulisse mit fast 15.000 Zuschauern in der Rod-Laver-Arena
und der Chance, die sich ihm bot. Es war aber auch der emotionale Zverev auf dem Platz, der sich bei 4:4 im dritten Satz so sehr über eine Linienrichter-Entscheidung ärgerte, dass er eine Verwarnung kassierte.
Insgesamt war Zverev in den langen Grundlinien-Duellen zu oft unterlegen. Deswegen reichte auch die erneut überzeugende Aufschlagquote nicht. Der Österreicher hatte zwei Tage zuvor den spanischen Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal bezwungen und war jetzt auch für Zverev zu stark.