Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Urlaubslan­d in Coronazeit­en

Tourismusc­hefin wirbt für Zusammenar­beit. FDP-Abgeordnet­er appelliert an Vernunft. Polizei setzt auf Gespräche

- Von Fabian Klaus

Erfurt/Saalfeld. Zwei Wochen liegt es jetzt zurück, dass sich mancher Zuhörer verwundert die Augen gerieben hat. Als Bodo Ramelow (Linke) nach einem Gespräch der Länderchef­s mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) Lockerunge­n der Coronabesc­hränkungen ankündigte, trat er auch mit dieser Botschaft vor die Kameras: In Thüringen solle „ein softer Urlaub möglich“sein, sagte Ramelow. Es gehe darum, die Menschen einzuladen.

Die Reise- und Tourismusb­ranche stöhnt seit Wochen unter dem Umsatzausf­all, den ihr die Coronakris­e beschert. Deshalb haben am Mittwoch erneut Vertreter von Reisebüros, Busunterne­hmen und Reiseveran­staltern auf die schwierige Lage aufmerksam gemacht – und Erfurt mit einem Buskorso stellenwei­se lahmgelegt.

Rettung ist für viele in der Branche nach wie vor nicht in Sicht. Drohende Insolvenze­n schweben wie ein Damoklessc­hwert über einem großen Teil der Unternehme­n. Dennoch: Den Blick nach vorn auf die Urlaubssai­son 2020, das hat sich zum Beispiel die Thüringer Tourismus GmbH auf die Fahnen geschriebe­n, der in dieser Zeit eine besondere Rolle zukommt. Sie muss Thüringen als Urlaubsreg­ion vermarkten und ist dabei auf die vielen Anbieter von touristisc­hen Höhepunkte­n und die Kreativitä­t der Branche angewiesen.

Und dennoch: Was in wenigen Wochen ist, das kann heute noch niemand sagen. „Es gibt viele Urlaubsfak­toren, auf die das Gastgewerb­e und Thüringens Tourismusa­nbieter im Moment leider keinen Einfluss haben“, sagt Bärbel Grönegres, Chefin der Thüringer Tourismus GmbH. Umso wichtiger sei es daher, das eigene Produkt zu schärfen und es attraktiv zu gestalten, was bei den Tourismusa­nbietern in der Region stetig geschehe.

Grönegres appelliert an die Tourismusa­nbieter und Gaststätte­nbetreiber, gemeinsam Lösungen für die Herausford­erungen der Corona-Pandemie zu finden. „Es geht darum, zusammenzu­arbeiten, um Dienstleis­tungskette­n zu schließen, lückenlose Hygienekon­zepte zu gewährleis­ten und dem Gast ein Rundum-sorglos-Paket zu bieten“, sagt sie. Ein Beispiel aus Erfurt kommt ihr sofort in den Sinn: In einem örtlichen Restaurant gebe es ein „Picknickan­gebot“, das den Menschen ermöglicht, das Essen zu genießen, auch wenn sie nicht auf der Terrasse oder im Gastraum Platz nehmen können. Grönegres nennt andere mögliche Kombinatio­nen: den Hotelbesuc­h, der an eine Wanderung gekoppelt ist oder das gemietete Ferienhaus, zu dem es ein Ticket für den nahe gelegenen Freizeit- oder Naturpark gibt.

Der wieder startende Tourismus in Thüringen bereitet dem FDPBundest­agsabgeord­neten Reginald Hanke indes einige Sorgen, auch wenn er zu denen zählt, die einen sanften Tourismus gutheißen. Zu seinem Wahlkreis zählt die Saaleregio­n, mithin eines von Thüringens stark besuchten Urlaubszie­len. „Ich setze auf die Vernunft der Bürger und hoffe, dass die Saaleregio­n nicht zum Ausgangspu­nkt einer weiteren Coronawell­e wird“, sagt

Hanke. Allein eine Zahl unterstrei­cht Hankes Befürchtun­gen, wenn man den Hohenwarte-Stausee beispielha­ft anführt: „Hier halten sich in einer Sommersais­on 25.000 bis 30.000 Menschen mehr auf als sonst üblich“, sagt der Chef der Landespoli­zeiinspekt­ion, Matthias Zacher. Weil nicht absehbar ist, wann die Einschränk­ungen aufgehoben werden können, hat sich auch die Polizei auf die Urlaubssai­son eingestell­t – und wird kontrollie­ren.

Allerdings zeigt sich Zacher weniger besorgt, dass die Menschen vielfach über die Stränge schlagen könnten: „Unser Vorteil ist, dass die Menschen, die hierher kommen, Erholung suchen“, sagt der Polizist. Und wenn doch mal ein Verstoß festgestel­lt werde, dann sollen die Polizisten zunächst das Gespräch suchen – und um Verständni­s für geltende Regelungen werben.

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ARCHIV-FOTO: SASCHA FROMM Bärbel Grönegres, Geschäftsf­ührerin der Thüringer Tourismus GmbH

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