Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Aufschwung mit Fragezeichen
Wie Intershop trotz der Corona-Pandemie seine Jahreshauptversammlung organisiert. Aktionäre bestätigen Führungskurs
Jena. Intershop-Hauptversammlungen hatten einst den Ruf, auch mal zum Ganztagesprogramm zu werden. Am Mittwoch brauchte der Softwarespezialist für den elektronischen Handel ganze 87 Minuten für seine ordentliche Hauptversammlung. Dies war dank der Corona-Pandemie möglich.
Eine Gesetzesänderung erlaubt nämlich, die Aktionäre nicht wie sonst in der Stadthalle Apolda, in der Sparkassen-Arena Jena oder im Intershop-Turm zu begrüßen, sondern per Videokonferenz. Das strafft den Ablauf, weil nur Vorstand und Aufsichtsrat sprechen – und Aktionäre keine Reden halten dürfen und ihre Fragen schon vorab einreichen mussten.
Die Geschäftslage hat sich für Intershop, so hören es die 60 Zuschauer von geschätzt 40.000 Aktionären, in diesem Jahr verbessert. Nach den verfehlten Ergebnissen für 2019 und den Restrukturierungsmaßnahmen scheint sich die Gesellschaft gefangen zu haben. Laut Vorstandschef Jochen Wiechen soll 2020 das „Jahr der Beschleunigung werden“, um zusätzliche Marktanteile zu gewinnen.
Das soll durch eine weitere Fokussierung auf geeignete Zielgruppen gelingen. Die beschreibt der Intershop-Vorstand mit Großhändlern und Herstellern, die mindestens 100 Millionen Euro beziehungsweise 400 Millionen Euro im Jahr umsetzen und sich vor allem an Geschäftskunden wenden. Einen Schwerpunkt bei den NeuabschlüsErgebnis sen sieht Markus Klahn, Vorstand fürs operatives Geschäft, bei Büroartikel-Händlern. Auf neue Vertriebserfolge hofft das Team in den USA und in Australien.
Die Corona-Pandemie sei eine Unbekannte in der Vorhersage. Prinzipiell glaubt Wiechen, dass der Jahresumsatz leicht steigen und zudem ein leicht positives operatives
gelingen wird. Intershop fange Corona-Folgen durch partielle Kurzarbeit ab und prüft die Aufnahme neuer Darlehen.
Die Aktionäre bestätigten per Briefwahl, per Ermächtigung des anwesenden Stimmrechtsvertreters oder elektronischer Abstimmung den Führungskurs. Sie entlasteten den Vorstandschef mit 98,8 Prozent, Klahn mit 99,1 Prozent und den Aufsichtsrat mit 99,7 Prozent der anwesenden Stimmen. 54,25 Prozent des Grundkapitals waren bei der virtuellen Sitzung vertreten. Als Rekord geht sie nicht in die Firmengeschichte ein: Laut Sprecherin Heide Rausch war es nur die zweitschnellste Hauptversammlung aller Zeiten, trotz virtueller Ausrichtung. Und wohl die erste ohne Kartoffelsalat und Würstchen.