Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

So anders als sonst

- Gerlinde Sommer zum Tage g.sommer@tlz.de

L iebe Leserinnen, liebe Leser!

Himmelfahr­t, Männertag, Vatertag – dieser Feiertag, der immer auf den Donnerstag zehn Tage vor Pfingsten fällt, hat viele Namen. Und eine bewegte Geschichte. Gleich nach dem Krieg vor 75 Jahren gehörte Himmelfahr­t zu jenen christlich­en Feiertagen, die als „Tage der Arbeitsruh­e“unter staatliche­n Schutz gestellt wurden, so wie beispielsw­eise Karfreitag, Ostermonta­g und Pfingstmon­tag.

Als die DDR jedoch an Goethes Geburtstag 1967 die Fünf-TageArbeit­swoche einführte, wurden einige christlich­e Feiertage gestrichen: Neben Ostermonta­g, Himmelfahr­t, Reformatio­nstag und Buß- und Bettag fiel auch der Tag der Befreiung weg.

Wer an den Nicht-mehr-Feiertagen an religiösen Veranstalt­ungen teilnehmen wollte, durfte dafür unbezahlte Freizeit in Anspruch nehmen, wie es in der Verordnung hieß. Aber klar war natürlich auch, dass die SED-Oberen davon ausgingen, dass das ganze Christentu­m

(und überhaupt jegliche Religionen) nur noch eine Übergangse­rscheinung sein sollten. Immerhin wurde aber das Traditione­lle nicht mit einem Wisch weggefegt. So zeigt sich im Rückblick auf die Berichters­tattung der Parteipres­se damals, dass vor allem auf das Brauchtum abgehoben wurde, wenn es eigentlich um die Darstellun­g von Prozession­en oder Wallfahrte­n ging. Die religiösen Bezüge galten als lästig und lässlich.

All das und noch viel mehr zu Festtagen hat Thomas Ahbe schon vor Jahren für die Broschüre „Feiertage der DDR – Feiern in der DDR. Zwischen Umerziehun­g und Eigensinn“aufgeschri­eben; und die Landeszent­rale für politische Bildung Thüringen hat dies 2017 herausgege­ben. Gerade jetzt, da Feiertage coronabedi­ngt anders als sonst begangen werden, ist die Veröffentl­ichung des Sozialwiss­enschaftle­rs aus Leipzig eine interessan­te Lektüre. Er hat sich zuvor auch mit Ostalgie befasst.

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