Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Mord im Thüringer Kräutergarten
Julia Bruns lockt Krimi-Fans in die nach Bratwurst duftende Sommerfrische bei Oberweißbach
Zu einem richtigen Krimi gehört mindestens eine Leiche. Allenfalls Melanie Raabe schafft es, ohne auszukommen. Bei Andreas Pflüger liegen sie... zu Haufen, hätte ich fast gesagt, aber über Tote soll man nicht despektierlich reden. Überhaupt mag ich nicht viele Worte darüber verlieren, wer hier warum zu Tode gekommen ist, denn dann verleide ich jedem Krimi-Fan die Lektüre. Nur soviel sei verraten: Große Teile des Thüringer Trinkwassers sind in Gefahr, Olitäten spielen eine nicht unerhebliche Rolle, die Handlung ist – richtig – im Thüringer Kräutergarten angesiedelt.
Unterhalb des Fröbelturmes liegen zwei Leichen kopfüber in einer Talsperre. „Die haben doch hoffentlich keine Bockwurst am Fröbelturm...“, höre ich Sie entsetzt ausrufen. Nicht doch! Wie Julia Bruns die Bemühungen der Thüringer Touristiker schildert, den Kräutergarten, der sich rund um Oberweißbach erstreckt, zu einer neuen Sommerfrische auszurufen, in der die Bahnhofsgaststätte der Oberweißbacher Bergbahn Bratwurst mit Kräuterpesto serviert, das bereitet höchstes Lesevergnügen. Wer selbst gern hinaus in die hiesige Natur geht, weiß, wie herrlich diese zu jeder Jahreszeit ist, und wie trist das gastronomische Angebot waldauf, waldab. Lokalkolorit ist für einen richtigen Thüringenkrimi so nötig wie der Senf auf der Bratwurst, nicht gegrillt, sondern gebraten. Denn, um mit Rudolf Hagelstange zu spre- chen, heißt diese doch hierzulande seit Menschengedenken „Roßbrat- wurst“, zumindest spricht man sie so. Warum dauernd die Rede vom Genießen ist? Weil das im Roman eine zentrale Rolle spielt. Neben- bei: Es sei jedem dringend empfoh- len, keinen Zug in der Gegend ohne gültige Fahrkarte zu betreten, sonst könnte es ihm geschehen, dass er mit einer historischen Fahrkarten- zange... Ach schweigen wir lieber.
Julia Bruns: Letzter Ausstieg Thüringen. Roman, Emons Verlag, Köln , 255 Seiten, 12 Euro