Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Kulturpolitisches Totalversagen“
Der Stadtgarten soll neu ausgeschrieben werden und der Biergarten im Sommer starten
Erfurt. „Es geht heute um ein kulturpolitisches Totalversagen aller Beteiligten, mich eingeschlossen.“Mit diesen drastischen, aber treffenden Worten, eröffnete am Dienstagabend Kulturausschuss-Chef Wolfgang Beese die Sitzung im Rathausfestsaal. Beese meinte den Krisenfall Stadtgarten. Im Oktober 2018 hatte sich der Stadtrat total verrannt. Mit dem Beschluss, einem Dreierkonsortium den Zuschlag als Betreiber für das Traditionshaus im Dalbergsweg zu erteilen. Ein fataler Irrtum, denn der Sieger hatte gar nicht das Geld, um das stark in Mitleidenschaft gezogene Gebäudeensemble so herzurichten, dass darin wieder kulturelle Veranstaltungen stattfinden können.
Der unterlegene Mitbewerber, Matthias Winkler aus Leipzig, der mit großer Erfahrung auf dem Gebiet punkten konnte, wurde später leise angefragt, ob er nicht vielleicht doch noch wolle. Er wollte nicht, weil inzwischen die Betriebserlaubnis für das Haus erloschen war. Was die Sanierung erheblich verteuerte.
Nun will die Stadtverwaltung nochmals einen Anlauf nehmen und den Stadtgarten neu ausschreiben, um so zeitnah einen neuen Betreiber zu finden. Das teilte der Leiter der städtischen Grundstücksund Gebäudeverwaltung, Torben Stefani, dem Kulturausschuss mit. Drei Punkte seien dazu zu erfüllen.
Eine Expertise eines externen Gutachters soll her. Zu beleuchten sei die freie Kulturszene in Erfurt und aktuelle Chancen und Möglichkeiten für einen weiteren Spielort von Konzerten und Veranstaltungen, so Stefani. Damit diese Neuausschreibung ziel- und bedarfsgerecht formuliert werden kann. Die Ergebnisse des Gutachtens sollen dann in die Ausschreibung einfließen. „Der nächste Wurf muss sitzen“, so Stefani. Man dürfe keine Fehler machen, damit der wertvolle Standort auch künftig für kulturelle Nutzung zur Verfügung stehe.
Etwa drei Monate sei für die Expertise Zeit. Zwei Gutachterangebote gebe es schon, ein drittes erwarte man. Ein Verkehrswertgutachten soll für Interessenten einen möglichen Erbbauzins errechnen. Seinerzeit sei der zu hoch angesetzt worden, musste Stefani zugeben. Es sei durchaus realistisch, dass der Stadtgarten noch in diesem Jahr neu ausgeschrieben werde.
Unabhängig davon rückt der Biergarten des Stadtgartens in den Fokus. Er soll, so Stefani, im Sommer an den Start gehen. Auch, um mit Publikumsverkehr Vandalismus zu verhindern. Die Stadtverwaltung hat eigens dafür ein Interessenbekundungsverfahren gestartet. Einen Interessenten gebe es bereits, der sich in der kommenden Woche vor Ort umschauen wolle. Die Verpachtung des Biergartens ist aber nur als Übergangslösung gedacht.