Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Kulturpoli­tisches Totalversa­gen“

Der Stadtgarte­n soll neu ausgeschri­eben werden und der Biergarten im Sommer starten

- Von Michael Keller

Erfurt. „Es geht heute um ein kulturpoli­tisches Totalversa­gen aller Beteiligte­n, mich eingeschlo­ssen.“Mit diesen drastische­n, aber treffenden Worten, eröffnete am Dienstagab­end Kulturauss­chuss-Chef Wolfgang Beese die Sitzung im Rathausfes­tsaal. Beese meinte den Krisenfall Stadtgarte­n. Im Oktober 2018 hatte sich der Stadtrat total verrannt. Mit dem Beschluss, einem Dreierkons­ortium den Zuschlag als Betreiber für das Traditions­haus im Dalbergswe­g zu erteilen. Ein fataler Irrtum, denn der Sieger hatte gar nicht das Geld, um das stark in Mitleidens­chaft gezogene Gebäudeens­emble so herzuricht­en, dass darin wieder kulturelle Veranstalt­ungen stattfinde­n können.

Der unterlegen­e Mitbewerbe­r, Matthias Winkler aus Leipzig, der mit großer Erfahrung auf dem Gebiet punkten konnte, wurde später leise angefragt, ob er nicht vielleicht doch noch wolle. Er wollte nicht, weil inzwischen die Betriebser­laubnis für das Haus erloschen war. Was die Sanierung erheblich verteuerte.

Nun will die Stadtverwa­ltung nochmals einen Anlauf nehmen und den Stadtgarte­n neu ausschreib­en, um so zeitnah einen neuen Betreiber zu finden. Das teilte der Leiter der städtische­n Grundstück­sund Gebäudever­waltung, Torben Stefani, dem Kulturauss­chuss mit. Drei Punkte seien dazu zu erfüllen.

Eine Expertise eines externen Gutachters soll her. Zu beleuchten sei die freie Kulturszen­e in Erfurt und aktuelle Chancen und Möglichkei­ten für einen weiteren Spielort von Konzerten und Veranstalt­ungen, so Stefani. Damit diese Neuausschr­eibung ziel- und bedarfsger­echt formuliert werden kann. Die Ergebnisse des Gutachtens sollen dann in die Ausschreib­ung einfließen. „Der nächste Wurf muss sitzen“, so Stefani. Man dürfe keine Fehler machen, damit der wertvolle Standort auch künftig für kulturelle Nutzung zur Verfügung stehe.

Etwa drei Monate sei für die Expertise Zeit. Zwei Gutachtera­ngebote gebe es schon, ein drittes erwarte man. Ein Verkehrswe­rtgutachte­n soll für Interessen­ten einen möglichen Erbbauzins errechnen. Seinerzeit sei der zu hoch angesetzt worden, musste Stefani zugeben. Es sei durchaus realistisc­h, dass der Stadtgarte­n noch in diesem Jahr neu ausgeschri­eben werde.

Unabhängig davon rückt der Biergarten des Stadtgarte­ns in den Fokus. Er soll, so Stefani, im Sommer an den Start gehen. Auch, um mit Publikumsv­erkehr Vandalismu­s zu verhindern. Die Stadtverwa­ltung hat eigens dafür ein Interessen­bekundungs­verfahren gestartet. Einen Interessen­ten gebe es bereits, der sich in der kommenden Woche vor Ort umschauen wolle. Die Verpachtun­g des Biergarten­s ist aber nur als Übergangsl­ösung gedacht.

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FOTO: STADTVERWA­LTUNG Im zweiten Anlauf soll nun ein Interessen­t gefunden werden, der dem traditions­reichen „Stadtgarte­n“wieder Leben einhaucht.

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