Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Zwangsabstieg wegen Mannschaftstraining?
Österreichs Tabellenführer Linzer ASK drohen im Fair-Play-Skandal harte Strafen
Linz. Geheime Videoaufnahmen eines Mannschaftstrainings nach einem nächtlichen Einbruch ins Stadion, wilde Anschuldigungen und wohl drakonische Strafen: Der österreichische Fußball wird wenige Wochen vor dem Corona-Neustart von einem beispiellosen FairPlay-Skandal überschattet.
Was war passiert? Der Tabellenführer Linzer ASK hat in den vergangenen drei Wochen vier Mannschaftstrainings absolviert und damit vor der Wiederaufnahme des Spielbetriebs am 2. Juni gegen Beschlüsse der Regierung sowie gegen das abgemachte Kleingruppentraining der Bundesliga-Clubs verstoßen. „Wir haben in den letzten Wochen und Monaten massiv darum gekämpft, dass wieder Fußball gespielt werden kann“, sagte Liga-Vorstand Christian Ebenbauer: „Dass man dann auch persönlich enttäuscht ist, wenn so ein Vorfall passiert, ist klar.“
Wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Grundgedanken des Fair Play drohen dem Club jedenfalls empfindliche Konsequenzen. ÖFB-Präsident Leo Windtner rechnete im ORF mit einer „harten Strafe“. Es handle sich „nicht um ein Kavaliersdelikt“, sagte Windtner, „sondern um ein schweres Foul am gesamten österreichischen Fußball. Die Reue kommt zu spät.“Die Landesverbands-Präsidenten im höchsten Gremium des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) forderten in den Salzburger Nachrichten gar den Ausschluss aus dem Europacup. Das Strafmaß reicht von einer Ermahnung bis zu Zwangsabstieg und Verbandsausschluss, wahrscheinlich sind Geldstrafen sowie Punkteabzüge. Mit einem erstinstanzlichen Urteil des zuständigen Senat 1 der Liga sei noch vor dem Restart zu rechnen.
Der Linzer ASK räumte das Mannschaftstraining, das von einer „im Rahmen eines nächtlichen Einbruchs illegal angebrachten Kamera festgehalten“worden war, öffentlich ein und entschuldigte sich. „Die Entscheidungen waren falsch, es war ein Fehler. Wir wollten uns keinen Vorsprung verschaffen“, sagte Trainer Valerien Ismael. Der langjährige Profi aus der deutschen Bundesliga wollte durch die Trainingseinheiten lediglich „Reize und Impulse“setzen.
Diesen Wettbewerbsvorteil hätte der Club aber eigentlich gar nicht nötig, Ismael führte sein Team zuletzt mit erfrischendem Fußball ins Achtelfinale der Europa League und überflügelte sogar Serienmeister Red Bull Salzburg. Die Ligakonkurrenz gab sich geschlossen empört über den Vertrauensbruch. „Das war ein absoluter Nackenschlag“, sagte etwa Vorstand Markus Kraetschmer von Austria Wien, er erwarte sich „eine drakonische Strafe als deutliches Signal“.