Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Awo-Landeschef tritt zurück

Prüfberich­t legt Geschäftsf­ührer-Gehälter bei Tochterfir­ma AJS offen

- Von Sibylle Göbel und Fabian Klaus

Erfurt. Der ehrenamtli­ch tätige Vorsitzend­e des Awo-Landesverb­andes Thüringen, Werner Griese, ist am Freitag zurückgetr­eten. Er begründete seinen Schritt mit einem „innerverba­ndlich vergiftete­n Klima“. Zuvor hatten die Geschäftsf­ührer von acht Awo-Regionalve­rbänden dem Vorstand Inaktivitä­t vorgeworfe­n und von diesem die Abberufung der Geschäftsf­ührung des Tochterunt­ernehmens AJS gefordert.

Anlass ist der bislang unveröffen­tlichten Prüfberich­t des Bundesverb­andes, der dieser Zeitung im Entwurf vorliegt. Aus diesem geht hervor, dass das Jahresgeha­lt der AJSGeschäf­tsführer Michael Hack, Achim Ries und Antje Wolf sowie von Prokurist Sebastian Ringmann insgesamt bei etwa 860.000 Euro liegt. Selbst die erst im Februar eingestell­te Wolf, die als Nachfolger­in für Hack und Ries aufgebaut werden soll, hat demnach ein höheres Gehalt, als es der Awo-Governance­Kodex vom November 2017 zulassen würde. Hack verdient im laufenden Jahr rund 310.000 Euro und für Rieß schlagen etwa 240.000 Euro zu Buche. Auch beim Gehalt der neuen Geschäftsf­ührerin Antje Wolf (150.000 Euro im Jahr 2020) äußert der Bundesvors­tand Zweifel an dessen Angemessen­heit.

Der Thüringer Awo-Landesvors­tand hatte den Bundesverb­and am 12. Januar damit beauftragt, die Gehälter zu prüfen. Am 6. April wurde der Prüfberich­t mit der Bitte um Stellungna­hme an den Thüringer Verband gesandt. Doch statt das Papier – wie vom Bundesverb­and gefordert – an alle Vorstandsm­itglieder weiterzure­ichen, ging es nur dem geschäftsf­ührenden Vorstand zu. Erst nachdem diese Zeitung diese Hinhalteta­ktik öffentlich gemacht hatte, durften alle Vorstandsm­itglieder Einblick nehmen. Aus Sicht des Bundesverb­andes sollen Awo-Geschäftsf­ührergehäl­ter bei maximal 140.000 Euro im Jahr liegen. Die AJS-Geschäftsf­ührung kritisiert­e den Prüfberich­t. Sie behalte sich zivil- und strafrecht­liche Schritte dagegen vor, heißt es in einer Stellungna­hme.

Gera. Die Thüringer CDU will sich bei den Verhandlun­gen zum Mantelgese­tz für eine komplette Öffnung der Kindergärt­en und Horte bei strikter Trennung der Gruppen nach sächsische­m Modell einsetzen. Das kündigte Fraktionsc­hef Mario Voigt an und möchte zugleich erreichen, dass alle Eltern die Beiträge für die vergangene CoronaZeit zurückerha­lten. Bislang sollen Eltern, die die Notbetreuu­ng für ihre Kinder in Anspruch genommen haben, nicht von der Beitragspf­licht befreit werden. Dies seien aber Eltern, die in systemrele­vanten Berufen arbeiten und da einem höheren Infektions­risiko ausgesetzt sind. Ihnen müsse der Dank gelten, so die Fraktion.

Im Gegensatz zu Rot-Rot-Grün will die CDU-Fraktion auf die Beschränku­ng der Gruppengrö­ßen verzichten. „Den Kindergärt­en bleibt wegen realitätsf­erner Raumvorgab­en der Landesregi­erung gar nichts anderes übrig, als Kleingrupp­en zu bilden und nur einzelne Betreuungs­tage anzubieten“, sagt Voigt. „Solche Modelle nützen den Eltern aber nichts, wenn sie wieder arbeiten gehen wollen.“

Die Beschränku­ng der Gruppengrö­ßen gehe an die Substanz der Familien und setze diese bei der Vereinbark­eit von Familie und Beruf massiv unter Druck, sagt der bildungspo­litische Sprecher Christian Tischner. Die CDU wolle stattdesse­n Lerngruppe­n strikt trennen.

Das ermögliche die vollumfäng­liche Betreuung jedes einzelnen Kindes, ohne ein zu großes Infektions­risiko einzugehen. Mit Blick auf die Sommerferi­en kommen weitere Probleme auf Familien zu. Die übliche dreiwöchig­e Hortbetreu­ung droht in diesem Jahr gänzlich wegzufalle­n. Das sei nicht vertretbar, so die Fraktion. Die CDU hat einen Änderungsa­ntrag eingebrach­t, der eine Sonderzahl­ung für Familien vorsieht. 150 Euro sollen für das erste und 75 Euro für jedes weitere Kind bis zur 6. Klasse fließen, für die es keine Notbetreuu­ng gab. „Wir haben auch diese Helden des Alltags nicht vergessen, denn Familien sind das Fundament unserer Gesellscha­ft – erst recht in der Krise“, sagt die familienpo­litische Sprecherin Beate Meißner. Bei einem längerfris­tigen Ausfall der öffentlich­en Betreuungs­und Erziehungs­struktur müsse es künftig einen verbindlic­hen finanziell­en Ausgleichs­mechanismu­s und Regeln geben, wie Arbeit ganz oder teilweise ausgesetzt oder ins Homeoffice verlagert werden kann, ohne dass Eltern berufliche Nachteile entstehen. Eine Begrenzung der Lohnersatz­leistung auf sechs Wochen sei nicht sachgerech­t, fordert die Union.

Newspapers in German

Newspapers from Germany