Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Über Theorien
S oeben pflocken wir die Gäule vorm Saloon an, da prescht Dick als Nachzügler heran. „Hey Leute!“ruft er, „schon wieder ‘ne Verschwörungstheorie zur CarolaKrise: Es ist Mutter Erde, sie will uns abwerfen!“Da scheut Dickies Stute und steht einen Augenblick lang auf den Hinterbeinen. Unser Feuerkopf nimmt den Schwung auf, um elegant aus dem Sattel zu springen. Wir lachen.
„Das würde voraussetzen“, doziert Jack, als wir am Tisch sitzen und Hop Sing eine Runde Bushfire serviert, „dass dieser innerlich tote Gesteinsplanet ein vernunftmäßig handelnder Organismus wäre. Wie absurd! Dafür kennt die Forschung nicht mal Indizien.“– „Ach, Forscher!“spottet Dick. „Wir sehen ja in Sachen Carola, wie die im Dunkeln tappen!“Da schalte ich mich ein: „Alle Forschung beruht auf Versuch und Irrtum, auf Hypothese und Antithese. Erst am Ende werden Zusammenhänge – Kausalitäten! – erkannt und bewiesen.“
Jack pflichtet mir bei: „Man darf Hypothesen jederzeit misstrauen. Das machen die Forscher selbst auch so.“Bill fügt an, dass vor 50 Jahren sich niemand habe träumen lassen, dass Leben ohne Sauerstoff überhaupt möglich sei, dass es Korallenriffs in Kaltwassermeeren gebe oder dass Pflanzen kommunizieren. „Heute wissen wir’s besser.“
Wir prosten uns zu. Dick nimmt einen neuen Anlauf: Weil wir Umweltzerstörer der Natur derart zusetzen, wehre sie sich, indem aus den schwindenden Dschungelgebieten immer mehr Viren aufgestört würden und auf die Menschheit übersprängen. – „Kann sein, dass da eine Kausalität besteht“, so Jack. „Am Ende geht’s immer um die Arterhaltung – auch für Homo sapiens.“Bill posaunt prompt, wir Cowboys hätten das unsere dafür ja getan: mit sieben Saloonkindern auf den Wördschinns, einer Greta in Montevideo und einer weiteren irgendwo in China.
„Jaaa!“jammert Dick. „Wo mag sie nur sein?!“– Hop Sing eilt herbei und tröstet: „Rothaarige Langnasen-Greta werden Schanndark von Sezuan. Erst rettet sie China, dann die ganze Welt!“