Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Neues vom Lügenbaron
Zwei Thüringer bringen Bücher zum 300. Geburtstag von Münchhausen heraus
Gotha/Gera. Die Geschichten über den Lügenbaron Münchhausen lassen dank ihres grandiosen Einfallsreichtums noch immer laut auflachen. In diesem Monat wäre die historische Person – Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen – 300 Jahre alt geworden. Anlässlich des Jubiläums haben zwei Thüringer neue Münchhausen-Bücher gestaltet: Der aus Gera stammende Illustrator Thomas M. Müller hat den historischen Text von Gottfried August Bürger neu illustriert. Und der Gothaer Zeichner und Autor Kai von Kindleben hat neue Abenteuer des Lügenbarons ersonnen und grafisch umgesetzt.
Bei Zeichner Thomas M. Müller wird der grandiose Geschichtenerzähler Münchhausen zum Schauspieler. Beispielsweise gibt der Freiherr mit Hilfe von Puppentheaterfiguren die Anekdote vom gefräßigen Löwen zum Besten, den er einst ins aufgesperrte Maul eines Krokodils lotste. Die Geschichte von der Silberaxt, die er aus Versehen zum Mond schleuderte, präsentiert Müllers Münchhausen als ArtistikNummer: Während der russischtürkischen Kriege geriet er in Gefangenschaft. Als Sklave hat er die Aufgabe, die Bienen des Sultans zu hüten. Als er eine kleine Honigsammlerin vor zwei gierigen Bären beschützen muss, wirft er das Beil mit solcher Wucht, dass es auf dem Mond landet. Doch gewieft, wie der Baron ist, pflanzt er eine schnellwachsende Bohne und kann zum Erdtrabanten hinaufklettern. Anstelle einer Bohnenpflanze schwingt sich Müllers BühnenMünchhausen am Vertikalseil in die Höhe.
„Die Geschichten von Bürger wurden vielfach illustriert“, sagt Thomas M. Müller, der heute in Leipzig lebt und als Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst lehrt. Als die Illustrationsanfrage von Verleger Michael Faber kam, entstand die Idee, alles im Theater beziehungsweise im Varieté spielen zu lassen. Damit eröffnet der Künstler eine spannende, neue Ebene, durch die er zugleich blutrünstige Szenen auf humorvolle Art entschärft. Seine schrulligen Karikaturen kommentieren erfrischend neu die alten Lügengeschichten.
Auch der Gothaer Kai von Kindleben hat seinen blaublütigen Lügner in seinem Buch „Münchhausen: Die neuen Abenteuer des Barons“realistischer angelegt als das Original. So zieht der sich nicht selbst samt Pferd am Schopf aus dem Sumpf, sondern kann sich in letzter Not noch an einen kräftigen
Ast klammern. „Mein Münchhausen ist eine Mischung aus historischer und fiktiver Figur“, sagt der unter Pseudonym schreibende Autor.
Sein 52 Kapitel umfassender Roman setzt neben vielen neuen Einfällen altbekannte Motive in neue Zusammenhänge: So gibt es auch bei Kai von Kindleben eine Mondgeschichte: Den kleinen Himmelskörper erreicht Münchhausen allerdings auf der Kanonenkugel. Als erster Mensch auf dem Mond wird zum Eigentümer des silbernen Erdbegleiters.
Auch eine Geschichte mit Thüringenbezug fand Eingang in den Roman. Sie erzählt, warum Münchhausen dem Herzog von Gotha-Altenburg einen Unterrock schenkte.
Mit dieser Anekdote begann von Kindlebens Buchprojekt vor mehr als zehn Jahren. Damals hatte er die Regie des Barockfestes in Gotha übernommen und einen Münchhausen-Darsteller engagiert. Dem Schauspieler schrieb er ein paar Szenen auf den Leib, darunter die erwähnte Unterhosen-Story.
Im Gegensatz zu Thomas M. Müllers Zeichnungen lässt Kai von
Kindleben seine neuen Lügengeschichten auch grafisch vor 300 Jahren spielen.
Müller wie von Kindleben haben unterhaltsame Bücher geschaffen, die einladen, den Lügenbaron neu zu entdecken.
Gottfried August Bürger: „Wunderbare Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“. Mit Illustrationen von Thomas M. Müller. Faber und Faber.
160 Seiten, 36 Euro,
Kai von Kindleben: „Münchhausen: Die neuen Abenteuer des Barons“, Edition Roter Drache, 288 Seiten, 20 Euro