Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Plaudereien „Zwischen Tür und Anger“
Haus Dacheröden startet Film-Reihe auf dem Portal des Vereins Herbstlese. Virtuelle Einladung in das Kulturhaus
Erfurt. Ein Kissen polstert den harten Stein ab. So aber, sagt Konditormeister Stefan Lobenstein, ist es ganz gemütlich. So „Zwischen Tür und Anger“, wie die gleichnamige Filmreihe heißt, mit dem das Haus Dacheröden ab diesem Wochenende ein virtuelles Lebenszeichen absendet. Und perspektivisch das Volk von der Straße in das ehrwürdige Haus locken will.
„So eine Gesprächsreihe – ob nun live oder aufgezeichnet – hatte ich mir schon vor Corona überlegt, um die Leute regelrecht von der Straße weg abzufangen“, erzählt Johanna Bastian, Chefin des Kulturhauses am hinteren Anger. Für das Haus steht ja seit Anbeginn die Frage und Aufgabe, wie man jenseits von festen Veranstaltungen und Terminen die Erfurter für die Angebote interessieren kann – das Haus mehr mit Leben erfüllt. „Ich habe Leute getroffen, die hier gleich um die Ecke arbeiten und wohnen und nicht wussten, was hier bei uns passiert“, so Bastian.
Julia Maronde führt Interviews unter dem Torbogen des Eingangs
Nun gibt es also ein virtuelles Entree, auch wenn derzeit keine Veranstaltungen stattfinden können. Die Gespräche finden genau dort statt, wo der Besucher hindurch müsste. Im Torbogen des Haupteingangs gibt es links und rechts zwei Sitzmulden, wo nunmehr auf der einen Seite Julia Maronde und im coronagerechten Abstand auf der anderen die Gesprächspartner sitzen.
Wenn es nicht die Küche ist, dann oft der Flur und zwischen Tür und Angel, wo sich die besten Gespräche entwickeln. Von der heiteren Plauderei bis zum ernsten Thema. Dass nun Stefan Lobenstein es sich als
Erster auf Kissen und Stein gemütlich machen durfte, habe nicht an irgendwelchen Funktionen im Erfurter Handwerk gelegen, sondern weil er stadtbekannt, ja ein bunter Hund ist. Im Gespräch plaudert er natürlich dennoch aus dem Backstübchen. Verrät, dass er stets scheiterte, die Zitronenspeise seiner Großmutter genauso gut hinzukriegen, und dass es keineswegs für ihn die größte Kunst sei, „die gestapelte Torte mit
Innendekor“zu kreieren, sondern er die Meisterschaft eher in einem anderen Backwerk sucht.
Alle zwei Wochen folgt in der Interviewserie ein neuer Film
Inzwischen sind fünf Gespräche geführt oder in Vorbereitung, die alle zwei Wochen auf das Portal des Vereins Erfurter Herbstlese als Träger des Hauses Dacheröden gehoben werden sollen. Dann wird sich Stephanie Appelhans, die 1. Konzertmeisterin des Orchesters am Theater, den Fragen Julia Marondes stellen. Eine Musikerin, sagt Geigerin Johanna Bastian, die ob ihrer künstlerischen Qualitäten schon viel bekannter sein müsste, als sie es den Erfurtern ist. Es folgt ein vielen alter Bekannter. Der literarische Arzt Siegbert Kardach, der – soviel sei verraten – erzählt, wie er im Arbeiterund Bauerntheater mit Wolf Biermann als Leiter zu tun hatte.
Natürlich hoffen Johanna Bastian und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter im Haus Dacheröden, dass die Filme Lust machen, dann, wenn es wieder einfacher geht, in das geschichtsträchtige Haus zu kommen. Wenn es dann soweit ist, soll die Reihe nicht sterben, aber vielleicht in etwas längeren Abständen und auch aus den Räumen und Salons gesendet werden.
Ja, und dann sollen, wie es die Grundidee besagte, nicht nur bekannte Erfurter befragt werden, sondern auch Leute, die direkt vor dem Haus angesprochen werden.
Zu finden ist die Film-Reihe ab sofort auf der Internetseite www.herbstlese.de