Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Begrüßungen
in anderen Ländern
1 Begrüßungsrituale sind kulturell verschieden. Aber gibt es auch Gemeinsamkeiten?
Prinzipiell lässt sich sagen, dass sich in Begrüßungsritualen religiöse, kulturelle, soziale und politische Aspekte einer Gesellschaft wiederfinden, die über Jahrhunderte gewachsen sind. In vielen Kulturen wurden etwa durch die Begrüßung Hierarchien sichtbar gemacht. So wurden klare Regeln definiert, die ihre Spuren hinterlassen haben. Eine Gemeinsamkeit besteht darin, dass es Körperteile gibt, die, je nach Vertrautheit, berührt werden dürfen, nämlich die Hand, die Schulter und die Wange, wohingegen andere tabu sind.
2 Gibt es Kulturen, die schon immer körperlichen Kontakt unter Fremden strikt vermieden haben?
Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, weil es in vielen Kulturen Zeiten gab, in denen körperlicher Kontakt stark eingeschränkt oder nur zwischen Mitgliedern einer sozialen Gruppe erlaubt war; man denke etwa an strikte höfische Zeremonielle. Was man aber beobachten kann, ist, dass es ein unterschiedliches Empfinden von Nähe und Distanz gibt. Japan ist das bekannteste Beispiel für Distanz-Halten. Das ausgeklügelte Begrüßungssystem sieht körperlichen Kontakt nicht vor. Stattdessen wird durch eine Verbeugung die Achtung vor dem anderen ausgedrückt.
3 Viele Menschen sind unsicher, wie sie sich nun begrüßen sollen. Wie lautet Ihr Ratschlag?
Ich glaube nicht, dass sich Elemente einer anderen Kultur einfach so übernehmen lassen. Eine Verbeugung mit gefalteten Händen etwa wird wohl trotz der schönen Symbolik eigenartig wirken. Wichtig finde ich, den Grundgedanken von Begrüßung nicht aus den Augen zu verlieren, nämlich Wertschätzung und Wiedererkennen vermitteln, etwa durch ein ehrliches Lächeln.