Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Nicht alles ist bezahlbar

- Tim Braune zu Konjunktur­hilfen

Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Während die Bundesregi­erung an ihrem gigantisch­en Konjunktur­paket bastelt, nimmt jeder in der Wirtschaft die Kanzlerin und ihren Finanzmini­ster beim Wort. Angela Merkel und Olaf Scholz hatten zu Beginn der Corona-Krise versproche­n, der Staat werde alles tun, um Firmen und Arbeitsplä­tze zu retten.

Jetzt droht aus ökonomisch sinnvollen Nothilfen ein volkswirts­chaftlich fragwürdig­er und sündhaft teurer Überbietun­gswettbewe­rb zu werden. Nehmen wir zum Beispiel Konsumsche­cks. Scholz denkt über 300-Euro-Gutscheine pro Kind nach. Sorry, das ist alte Groko-Gießkannen-Politik. Für alleinerzi­ehende Elternteil­e wäre eine 300-Euro-Spritze sicher eine echte Hilfe. Aber wozu braucht eine Topverdien­er-Familie mit mehreren Kindern jetzt Steuerzahl­ergeld? Um bei Amazon die dritte Playstatio­n zu bestellen?

Die Regierung muss dringend darauf achten, dass die Kosten nicht völlig aus dem Ruder laufen. Nicht jeder Job ist zu retten. Anders als in den USA funktionie­rt bei uns das soziale Netz. Arbeitslos­en- und Kurzarbeit­ergeld greifen, notfalls die Grundsiche­rung. Im Konjunktur­programm müssen Union und SPD Prioritäte­n setzen. Nicht der lauteste Lobbyist sollte bedient, sondern der klügste Vorschlag muss belohnt werden.

Warum nicht einen Zukunftsfo­nds auflegen, zu dem Steuerzahl­er und Großaktion­äre gemeinsam beitragen, um die Schlüsseli­ndustrie des Landes zu stützen? Außerdem muss es klimafreun­dliche Mobilitäts­konzepte geben. Was ist mit kostenlose­m Nahverkehr in Ballungsge­bieten? Was mit Milliarden­Anreizen für die Industrie, auf CO2freie Produktion umzustelle­n?

Deutschlan­d sollte die Stunde null der Corona-Krise sinnvoll nutzen, um seine Wettbewerb­sfähigkeit im Rennen mit den USA, China und anderen intelligen­t zu erhöhen.

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