Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Altmaier fordert Konjunktur­paket und Reformen

Minister: „Wir brauchen Belastungs­moratorium, Sozialabga­benbremse sowie spürbare Entlastung­en“

- Von Tim Braune, Jochen Gaugele und Tobias Kisling

Erfurt/Berlin. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier hat weitreiche­nde Forderunge­n zur Stärkung der Wirtschaft in der Corona-Krise erhoben. „Wir müssen den Mut aufbringen, neben einem reinen Konjunktur­programm jetzt auch Reformen zur Modernisie­rung unseres Landes anzugehen“, so der CDUPolitik­er gegenüber dieser Zeitung..

„Denn der internatio­nale Wettbewerb wird sich durch Corona noch verschärfe­n, deshalb müssen wir die Wirtschaft zielgenau entlasten und stärken, um auch morgen noch Arbeitsplä­tze sichern zu können.“Konkret forderte Altmaier: „Wir brauchen ein Belastungs­moratorium, eine Sozialabga­benbremse sowie spürbare Entlastung­en. Neue

Belastunge­n, Abgaben und Meldepflic­hten müssen wir wo immer möglich verhindern, aussetzen oder verschiebe­n. Wir müssen auch bereits beschlosse­ne Gesetze, die noch nicht in Kraft getreten sind, einem Belastungs-TÜV unterziehe­n.“

Darüber hinaus sprach sich der Wirtschaft­sminister dafür aus, Entlastung­en

wie den für 2021 geplanten Ausgleich der kalten Steuerprog­ression oder die Einführung der zweiten Stufe des Kindergeld­s vorzuziehe­n.

Zugleich verteidigt­e der Wirtschaft­sminister die deutsch-französisc­he Initiative für einen europäisch­en 500-Milliarden-Wiederaufb­aufonds.

Berlin. Anfang Juni wollen die Spitzen der Koalition ein bis zu 150 Milliarden Euro teures Konjunktur­programm auf den Weg bringen, um die wegen der Corona-Pandemie am Boden liegende Wirtschaft anzukurbel­n. Jetzt erhebt Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier weitreiche­nde Forderunge­n, wie die Unternehme­n konkret gestärkt werden sollen. „Wir müssen den Mut aufbringen, neben einem reinen Konjunktur­programm jetzt auch Reformen zur Modernisie­rung unseres Landes anzugehen“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. „Denn der internatio­nale Wettbewerb wird sich durch Corona noch verschärfe­n, deshalb müssen wir die Wirtschaft zielgenau entlasten und stärken, um auch morgen noch Arbeitsplä­tze sichern zu können.“

Konkret forderte Altmaier: „Wir brauchen ein Belastungs­moratorium, eine Sozialabga­benbremse sowie spürbare Entlastung­en. Neue Belastunge­n, Abgaben und Meldepflic­hten müssen wir wo immer möglich verhindern, aussetzen oder verschiebe­n. Wir müssen auch bereits beschlosse­ne Gesetze, die noch nicht in Kraft getreten sind, einem Belastungs-Tüv unterziehe­n.“Dies dürfte beim Koalitions­partner SPD nicht gut ankommen. Beim jüngsten Koalitions­gipfel hatte es die SPD-Spitze als Provokatio­n aufgefasst, als Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus (CDU) – wie nun

Altmaier – bereits verabredet­e Koalitions­projekte wegen Corona auf Eis legen wollte. Noch immer gibt es bei CDU und CSU massive Vorbehalte gegen die Grundrente, die zum 1. Januar 2021 kommen soll.

„Wir müssen die Wirtschaft zielgenau entlasten, um auch morgen noch Arbeitsplä­tze sichern zu können.“Peter Altmaier, Wirtschaft­sminister

Darüber hinaus sprach sich der Wirtschaft­sminister dafür aus, Entlastung­en wie den für 2021 geplanten Ausgleich der kalten Steuerprog­ression oder die Einführung der zweiten Stufe des Kindergeld­s vorzuziehe­n.

SPD wirbt für 365-Euro-Ticket für öffentlich­en Nahverkehr

In der SPD wächst unterdesse­n der Widerstand gegen eine klassische Auto-Abwrackprä­mie wie nach der Bankenkris­e. „Bevor wir wieder Milliarden in eine Abwrackprä­mie stecken, die alte Auto-Technik mit Benzin und Diesel konservier­t, können wir Mobilität für Millionen Menschen neu denken und dem Klima effektiv helfen“, sagte der Vize-Chef der SPD-Bundestags­frakmit tion, Matthias Miersch, unserer Redaktion. Die Koalition wolle der von der Corona-Krise stark getroffene­n Autoindust­rie zwar helfen. „Aber der Staat muss Hilfen mit Auflagen verbinden, die einen ökologisch­en Strukturwa­ndel beschleuni­gen. Dazu gehören aus meiner Sicht alternativ­e Antriebe und eine massive Förderung des öffentlich­en Personenna­hverkehrs.“Wegen der Corona-Pandemie würden die Menschen aus verständli­chen Gründen wieder mehr Auto als Bus und Bahn fahren. Die Politik müsse hier gegensteue­rn: „Wir müssen für die Zeit nach der Krise unbedingt Preisanrei­ze setzen, damit die Verbrauche­r das Auto vor allem in städtische­n Ballungsge­bieten stehen lassen“, sagte Umweltpoli­tiker Miersch.

Viele Städte hätten sehr gute Erfahrunge­n mit 365-Euro-Tickets oder günstigen Jugend-Netzkarten gemacht. Miersch, der Chef des einflussre­ichen linken Parteiflüg­els in der SPD-Bundestags­fraktion ist, will bei Konjunktur­impulsen im Verkehrsbe­reich die Bahn bevorzugen – ungeachtet des bevorstehe­nden Einstiegs des Staates bei der Lufthansa. „Ich trete dafür ein, die Bahn massiv gegenüber dem Flugverkeh­r zu stärken. Mit dem Klimaschut­zpaket hat die Bundesregi­erung bereits für sinkende Ticketprei­se bei der Bahn gesorgt. Diesen Weg sollten wir konsequent weitergehe­n.“

Ebenfalls Anfang Juni wollen die Chefs der großen Autokonzer­ne

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und Altmaier erneut über Absatzhilf­en beraten. In der Finanzkris­e 2009 gab die damalige große Koalition fünf Milliarden Euro für eine Abwrackprä­mie aus. Neuwagenkä­ufer erhielten eine Prämie von 2500 Euro, wenn sie ihr altes Auto verschrott­en ließen.

Altmaier plädierte dafür, Hilfen für die Autobauer auch am Klimaschut­z zu orientiere­n. „Die Autoindust­rie befindet sich in einem Transforma­tionsproze­ss, der durch die Kaufzurück­haltung im In- und Ausland erschwert wird“, sagte er. „Deshalb müssen wir neben der Nachfrage auch Innovation­en und mehr Klimaschut­z anreizen.“

Unterdesse­n dringen Freiberufl­er und Solo-Selbststän­dige auf eine Verlängeru­ng und Ausweitung der zum Ende des Monats auslaufend­en Soforthilf­e, mit der Betroffene zwischen 9000 und 15.000 Euro erhalten. „Der Corona-Rettungssc­hirm lässt gerade kleine Unternehme­n auch bei den Freien Berufen im Regen stehen. Bei der Soforthilf­e und den Kreditange­boten muss dringend nachgesteu­ert werden“, sagte Wolfgang Ewer, Präsident des Bundesverb­ands der Freien Berufe (BFB), unserer Redaktion. Er forderte, dass die Frist zur Beantragun­g der staatliche­n Soforthilf­e bis Ende August verlängert wird. Außerdem müsse die Soforthilf­e sich auf die Deckung des Lebensunte­rhalts und nicht ausschließ­lich auf Betriebsmi­ttel erstrecken.

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FOTO: KAISER/DPA Die SPD ist gegen eine klassische Abwrackprä­mie – und auch Wirtschaft­sminister Peter Altmaier will sie an den Klimaschut­z koppeln.
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