Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Altmaier fordert Konjunkturpaket und Reformen
Minister: „Wir brauchen Belastungsmoratorium, Sozialabgabenbremse sowie spürbare Entlastungen“
Erfurt/Berlin. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat weitreichende Forderungen zur Stärkung der Wirtschaft in der Corona-Krise erhoben. „Wir müssen den Mut aufbringen, neben einem reinen Konjunkturprogramm jetzt auch Reformen zur Modernisierung unseres Landes anzugehen“, so der CDUPolitiker gegenüber dieser Zeitung..
„Denn der internationale Wettbewerb wird sich durch Corona noch verschärfen, deshalb müssen wir die Wirtschaft zielgenau entlasten und stärken, um auch morgen noch Arbeitsplätze sichern zu können.“Konkret forderte Altmaier: „Wir brauchen ein Belastungsmoratorium, eine Sozialabgabenbremse sowie spürbare Entlastungen. Neue
Belastungen, Abgaben und Meldepflichten müssen wir wo immer möglich verhindern, aussetzen oder verschieben. Wir müssen auch bereits beschlossene Gesetze, die noch nicht in Kraft getreten sind, einem Belastungs-TÜV unterziehen.“
Darüber hinaus sprach sich der Wirtschaftsminister dafür aus, Entlastungen
wie den für 2021 geplanten Ausgleich der kalten Steuerprogression oder die Einführung der zweiten Stufe des Kindergelds vorzuziehen.
Zugleich verteidigte der Wirtschaftsminister die deutsch-französische Initiative für einen europäischen 500-Milliarden-Wiederaufbaufonds.
Berlin. Anfang Juni wollen die Spitzen der Koalition ein bis zu 150 Milliarden Euro teures Konjunkturprogramm auf den Weg bringen, um die wegen der Corona-Pandemie am Boden liegende Wirtschaft anzukurbeln. Jetzt erhebt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier weitreichende Forderungen, wie die Unternehmen konkret gestärkt werden sollen. „Wir müssen den Mut aufbringen, neben einem reinen Konjunkturprogramm jetzt auch Reformen zur Modernisierung unseres Landes anzugehen“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. „Denn der internationale Wettbewerb wird sich durch Corona noch verschärfen, deshalb müssen wir die Wirtschaft zielgenau entlasten und stärken, um auch morgen noch Arbeitsplätze sichern zu können.“
Konkret forderte Altmaier: „Wir brauchen ein Belastungsmoratorium, eine Sozialabgabenbremse sowie spürbare Entlastungen. Neue Belastungen, Abgaben und Meldepflichten müssen wir wo immer möglich verhindern, aussetzen oder verschieben. Wir müssen auch bereits beschlossene Gesetze, die noch nicht in Kraft getreten sind, einem Belastungs-Tüv unterziehen.“Dies dürfte beim Koalitionspartner SPD nicht gut ankommen. Beim jüngsten Koalitionsgipfel hatte es die SPD-Spitze als Provokation aufgefasst, als Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) – wie nun
Altmaier – bereits verabredete Koalitionsprojekte wegen Corona auf Eis legen wollte. Noch immer gibt es bei CDU und CSU massive Vorbehalte gegen die Grundrente, die zum 1. Januar 2021 kommen soll.
„Wir müssen die Wirtschaft zielgenau entlasten, um auch morgen noch Arbeitsplätze sichern zu können.“Peter Altmaier, Wirtschaftsminister
Darüber hinaus sprach sich der Wirtschaftsminister dafür aus, Entlastungen wie den für 2021 geplanten Ausgleich der kalten Steuerprogression oder die Einführung der zweiten Stufe des Kindergelds vorzuziehen.
SPD wirbt für 365-Euro-Ticket für öffentlichen Nahverkehr
In der SPD wächst unterdessen der Widerstand gegen eine klassische Auto-Abwrackprämie wie nach der Bankenkrise. „Bevor wir wieder Milliarden in eine Abwrackprämie stecken, die alte Auto-Technik mit Benzin und Diesel konserviert, können wir Mobilität für Millionen Menschen neu denken und dem Klima effektiv helfen“, sagte der Vize-Chef der SPD-Bundestagsfrakmit tion, Matthias Miersch, unserer Redaktion. Die Koalition wolle der von der Corona-Krise stark getroffenen Autoindustrie zwar helfen. „Aber der Staat muss Hilfen mit Auflagen verbinden, die einen ökologischen Strukturwandel beschleunigen. Dazu gehören aus meiner Sicht alternative Antriebe und eine massive Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs.“Wegen der Corona-Pandemie würden die Menschen aus verständlichen Gründen wieder mehr Auto als Bus und Bahn fahren. Die Politik müsse hier gegensteuern: „Wir müssen für die Zeit nach der Krise unbedingt Preisanreize setzen, damit die Verbraucher das Auto vor allem in städtischen Ballungsgebieten stehen lassen“, sagte Umweltpolitiker Miersch.
Viele Städte hätten sehr gute Erfahrungen mit 365-Euro-Tickets oder günstigen Jugend-Netzkarten gemacht. Miersch, der Chef des einflussreichen linken Parteiflügels in der SPD-Bundestagsfraktion ist, will bei Konjunkturimpulsen im Verkehrsbereich die Bahn bevorzugen – ungeachtet des bevorstehenden Einstiegs des Staates bei der Lufthansa. „Ich trete dafür ein, die Bahn massiv gegenüber dem Flugverkehr zu stärken. Mit dem Klimaschutzpaket hat die Bundesregierung bereits für sinkende Ticketpreise bei der Bahn gesorgt. Diesen Weg sollten wir konsequent weitergehen.“
Ebenfalls Anfang Juni wollen die Chefs der großen Autokonzerne
Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Altmaier erneut über Absatzhilfen beraten. In der Finanzkrise 2009 gab die damalige große Koalition fünf Milliarden Euro für eine Abwrackprämie aus. Neuwagenkäufer erhielten eine Prämie von 2500 Euro, wenn sie ihr altes Auto verschrotten ließen.
Altmaier plädierte dafür, Hilfen für die Autobauer auch am Klimaschutz zu orientieren. „Die Autoindustrie befindet sich in einem Transformationsprozess, der durch die Kaufzurückhaltung im In- und Ausland erschwert wird“, sagte er. „Deshalb müssen wir neben der Nachfrage auch Innovationen und mehr Klimaschutz anreizen.“
Unterdessen dringen Freiberufler und Solo-Selbstständige auf eine Verlängerung und Ausweitung der zum Ende des Monats auslaufenden Soforthilfe, mit der Betroffene zwischen 9000 und 15.000 Euro erhalten. „Der Corona-Rettungsschirm lässt gerade kleine Unternehmen auch bei den Freien Berufen im Regen stehen. Bei der Soforthilfe und den Kreditangeboten muss dringend nachgesteuert werden“, sagte Wolfgang Ewer, Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB), unserer Redaktion. Er forderte, dass die Frist zur Beantragung der staatlichen Soforthilfe bis Ende August verlängert wird. Außerdem müsse die Soforthilfe sich auf die Deckung des Lebensunterhalts und nicht ausschließlich auf Betriebsmittel erstrecken.