Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Prominente für eine „moralische Revolte“
Nicht das Leben alter Menschen entwerten
Berlin. Gegen ein Gesundheitssys- tem, das ältere Menschen benach- teiligen könnte, wenden sich Promi- nente in einem Appell. Bundestags- präsident Wolfgang Schäuble be- grüßt Demonstrationen – und in Österreich gibt es einen prominen- ten Corona-Sünder.
Internationaler Appell
Prominente aus Politik, Gesell- schaft, Kirche und Wissenschaft ru- fen in einem internationalen Appell dazu auf, das Leben alter Menschen in der Corona-Krise nicht abzuwerten – und wünschen sich eine „mo- ralische Revolte“. In vielen Ländern tauche „ein gefährliches Modell“auf, das sich für ein selektives Ge- sundheitswesen ausspreche, in dem das Leben alter Menschen als zweit- rangig betrachtet werde, heißt es in dem Appell, der in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“veröffent- licht und neben anderen von dem Philosophen Jürgen Habermas, unterzeichnet wurde.
Offene Gesellschaft
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) teilt die Bedenken gegen die zahlreichen Demonstra- tionen in verschiedenen Städten nicht. „Die Demonstrationen zei- gen, dass unsere Gesellschaft eine offene ist“, sagte Schäuble der „Welt am Sonntag“. Es sei gut, wenn sich der Wunsch artikuliere, etwa die Meinungsfreiheit zu erhalten. „Al- lerdings rate ich jedem, der zu unse- rem Grundgesetz steht, zu Extre- misten Abstand zu halten, um sich nicht auf die eine oder andere Art anzustecken“, fügte er hinzu.
(Zu) später Gast
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Frau Doris Schmidauer sind nach der Corona-Sperrstunde in einem Lokal in Wien von der Polizei er- wischt worden. Van der Bellen und seine Frau hatten noch Getränke auf dem Tisch, als das Lokal gegen
0.20 Uhr kontrolliert wurde. Restaurants, Lokale und Bars dürfen derzeit nur bis 23 Uhr öffnen. Das
Covid-19-Maßnahmengesetz sieht für Wirte bei Verstößen Strafen von bis zu 30.000 Euro vor.
Opfer geehrt
Die Titelseite der „New York Times“ist am Sonntag den US-Opfern der Coronavirus-Pandemie gewidmet: Die Zeitung hat in sechs Spalten ganzseitig die Namen von Hunderten Verstorbenen abge- druckt. In der Ausgabe stehen insge- samt 1000 Namen aus veröffent- lichten Nachrufen und jeweils ein persönlicher Satz zu den Opfern. „Die 1000 Menschen hier stellen nur ein Prozent der Opfer dar. Kei- ner von ihnen war nur eine Statis- tik“, schrieb die Zeitung auf der über Twitter veröffentlichten Titel- seite. Die Überschrift, die sich über die ganze Seite erstreckte, lautete: „Fast 100.000 Tote in den USA, ein unermesslicher Verlust“.