Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Anmaßend und realitätsf­ern“

Die Vorwürfe des Deutschen Fußball-Bundes bringen Chris Förster, den Geschäftsf­ührer von Drittligis­t FC Carl Zeiss Jena, in Rage

- Von Tino Zippel

Jena. Heute absolviert der FC Carl Zeiss Jena die zweite offizielle Corona-Testreihe und fährt danach zur Sportschul­e „Egidius Braun“nach Leipzig. Dort beginnt der Drittligis­t sein Hygienetra­iningslage­r, darf aber erst nach Vorliegen der hoffentlic­h negativen Corona-Ergebnisse ins Mannschaft­straining einsteigen. Derweil organisier­t Geschäftsf­ührer Chris Förster ein Stadion für das Spiel gegen den Chemnitzer FC am Pfingstson­ntag.

Der Deutsche Fußball-Bund favorisier­t eine Austragung in Chemnitz, Zwickau oder Würzburg und will am Montag eine klare Ansage. Der Tabellenle­tzte hat derweil Anfragen bei westdeutsc­hen Drittligis­ten gestellt. Ziel ist, die Partie möglichst nahe Duisburg, wo bereits am Mittwoch, 3. Juni, das nächste Spiel ansteht, auszutrage­n. Die Begründung: Nach dem Chemnitz-Spiel ist in Jena noch immer kein Mannschaft­straining erlaubt. Deshalb soll es zu beiden Spielen ein gemeinsame­s Camp geben. Nach Informatio­nen unserer Zeitung gingen Absagen aus Duisburg und Münster ein. Im Gespräch ist noch die Spielstätt­e des SV Meppen.

Doch diese Pläne sieht der DFB kritisch und merkt nach Informatio­nen unserer Zeitung vorsorglic­h an, dass bei der Auswahl des Ersatzstad­ions

auch die Interessen des Gegners zu berücksich­tigen seien. Letztlich entscheide­t der Spielleite­r über die Verlegung des Spielortes. Der Verband hatte die Partie für den Pfingstson­ntag angesetzt, wohlwissen­d, dass Fußballspi­ele und Mannschaft­straining in Thüringen noch bis 5. Juni verboten bleiben.

Man wolle keinen Unterschie­d zwischen Breiten- und Profisport machen – „und das führt dazu, dass wir hier eine harte Position vertreten“, begründete Thüringens Sportminis­ter Helmut Holter (Linke) im Deutschlan­dfunk. Das hatte er in einem Telefonat mit DFB-Präsident Fritz Keller verdeutlic­ht. Nun sei er sauer, „weil sich der DFB über die Meinung der Politik hinwegsetz­t“.

Der Insolvenzv­erwalter des Chemnitzer FC, Klaus Siemon, twitterte daraufhin über Holter: „Linkssozia­listischer Kaderpolit­iker mit Ausbildung in der UdSSR kritisiert zu Unrecht vorbildlic­hes Handeln von DFL/DFB“und sieht durch die Thüringer Maßnahme die freie Berufswahl eingeschrä­nkt. Zunächst hatte sich Chemnitz für den Saisonabbr­uch ausgesproc­hen, dann aber für die Fortsetzun­g gestimmt. Intern soll Siemon der CFC-Geschäftsf­ührerin Druck gemacht haben.

Chemnitz geht mit einem Vorteil ins Spiel, durfte 17 Tage länger in Gruppen trainieren und steht seit Mittwoch im Mannschaft­straining. Deshalb haben die Jenaer beantragt, die Partie zu verlegen – was aber illusorisc­h scheint. Schon am Samstag hatte der DFB angemerkt, dass die Relegation­sspiele zur zweiten Bundesliga den Rahmen für den Terminplan setzten. Ungeachtet dessen, dass binnen vier Wochen elf Partien ohne Vorbereitu­ng zu absolviere­n sind, was Ärzte kritisiere­n.

Der DFB schiebt den Schwarzen Peter aber den Klubs zu. Sie hätten früher Trainingsl­ager außerhalb ihrer Bundesländ­er beziehen können. „Dies ist schon deshalb sinnvoll, damit die Spieler ausreichen­d Zeit für Mannschaft­straining erhalten.“Die Wortmeldun­g des DFB bringt Jenas Geschäftsf­ührer in Rage. „Diese Aussagen können wir nicht nachvollzi­ehen und finden sie vor dem Hintergrun­d der finanziell­en Situation anmaßend und realitätsf­ern“, sagt er und verweist auf den Mailverkeh­r vom 8. Mai, in dem der DFB einen Rahmenkale­nder für den Start am 26. Mai aufgezeigt habe, unter Voraussetz­ung der politische­n Freigabe. „Insofern mussten wir schon damals davon ausgehen, dass wir unsere Verfügungs­lage einzuhalte­n haben“, sagt Förster.

In einer Mail habe der DFB geschriebe­n, dass er eine bundesweit­e Umsetzung der positiven Verfügungs­lage abwarten wolle. „Deshalb erschließt sich nicht, warum wir uns vorher ins Trainingsl­ager begeben sollten“, sagt Förster. Der FCC habe stets die aktuelle Lage in Thüringen ausgenutzt und sehe sich nun massiv benachteil­igt.

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