Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Typisches Erfurter Gebäck gesucht
Innung und Citymanagerin regen an, einen süßen Willkommensgruß zu kreieren
Erfurt. Es gibt viele Dinge, über die sich die Stadt definieren kann. Typisch erfurtsch eben. Und dafür muss man nicht unbedingt Jahrhunderte weit zurückblicken. Eines gibt es jedoch offenbar nicht: ein Gebäckstück oder süßes Teilchen, das quasi den Stempel „Erfurt“aufgedrückt bekommen könnte.
Touristen fragen häufig nach einem erfurt-typischen Leckerbissen
Touristen fragen aber regelmäßig danach. Bei den Bäckern und in den Cafés. Also wäre es vielleicht an der Zeit, eines zu erfinden, als Gemeinschaftsaktion von Erfurter Bäckern und Konditoren. Warum sie in Erfurt das süßlich-zimtige Hamburger Franzbrötchen kaufen kann, aber nach einem Erfurt-Stückchen vergebens Ausschau hält, das beschäftigt die Citymanagerin Patricia Stepputtis. Als ihr eine Cafébetreiberin von den häufigen gezielten Nachfragen erzählte, verfestigte sich eine Idee: „Warum sollten wir nicht mit einer Tradition beginnen, in dem Jahr, das uns alle an unsere Grenzen gebracht und uns gelehrt hat, was wirklich im Leben wichtig ist?“Es sollte ein Stückchen sein, dass für Erfurt steht. Für die Citymanagerin hat jetzt die Phase der Ideensammlung begonnen.
„Der Martinskamm ist vielleicht typisch für Erfurt, aber nur im November“, sagt Uta Möckel. Prasselkuchen, Schittchen oder Eierschecke sind weit verbreitet und nicht nur in Thüringens Landeshauptstadt zu haben. Der Betreiberin des Cafés Wiener Feinbäcker am Fischmarkt begegnen Fragen nach einem einzigartigen Stückchen Kuchen häufig. Gern würde sie eine ganz konkrete Antwort geben – oder noch besser: ein solches Gebäck auftischen. „Die Gäste in der Stadt erwarten das. Sie wollen solche Dinge mit nach Hause nehmen.“
Und einig sein sollten sich die Bäcker, findet Uta Möckel. Ohne Konkurrenzgedanken sollte das erfurttypische Gebäck an jeder Ecke angeboten werden. „Wir haben Luther, wir haben den Dom. Da müsste sich doch etwas Passendes kreieren lassen“, hofft sie. Stöbern lohnt sich auch in der Vergangenheit. „Vielleicht gab es ja früher schon mal ein solches Teilchen.“Die Erfurter Tourist-Information könnte eingebunden werden. Zum Beispiel ließen sich Stadtführungen mit dem Thema verknüpfen, regt die Cafébetreiberin an.
Probleme bei Bäckern haben hauptsächlich die mit Cafébetrieb
Bäckermeister Eberhard Michalowski, Vorsitzender der Bäckerinnung, gefällt die Idee. „Ich könnte auch kein Gebäck nennen, das nur für Erfurt steht“, sagt er. Es dürfte nicht zu groß sein und müsste sich schnell und problemlos herstellen lassen. Die Anregung hat der Obermeister an die Innungsmitglieder geschickt. „Jetzt bin ich mal gespannt“, hofft er auf Reaktionen.
Da er mit den Bäckern regelmäßig in Kontakt steht, weiß Michalowski, wie es ihnen in diesen Wochen der corona-bedingten Einschränkungen geht. „Probleme haben hauptsächlich diejenigen in der Stadt, deren Hauptgeschäft der Cafébetrieb
ist.“Bäckereien durften zwar während der ganzen Zeit öffnen, aber der Cafébereich nicht. Zudem fehlen Einnahmen durch Touristen. „Dort, wo es sonst brummt und mehr Leute als bei einem reinen Backwarenverkauf beschäftigt sind, war auch Kurzarbeit angesagt. Zum Glück ist jetzt Entspannung in Sicht“, so der Obermeister. Ein paar nicht verkaufte Tassen Kaffee fielen auf dem Lande weniger ins Gewicht. Geschlossene Kindergärten oder abgesagte Feste bedeuten aber für etliche Bäckereien fehlenden Umsatz, ob nun im Stadtkern, am Stadtrand oder in der Region.
Alte oder neue Rezepte, möglichst verbunden mit einer kleinen Geschichte, warum gerade dieses Gebäck für Erfurt gut wäre, werden bei Patricia Stepputtis im Amt für Wirtschaftsförderung gesammelt. Angesprochen sind durchaus auch Hobbybäcker. In den Prozess soll die Bäckerinnung eng eingebunden bleiben. Für die richtige Auswahl müsste eine Jury sorgen.
citymanagerin@erfurt.de