Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Investoren sollen Erfurter Schulbauprogramm beschleunigen
CDU und SPD setzen Prüfauftrag für öffentlich-private Partnerschaft durch
Erfurt. Die tatsächlichen Schulinvestitionen hinken dem Schulbauprogramm hoffnungslos hinterher. Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) sieht schon den Tag kommen, an dem „Schüler in Busse gesteckt und außerhalb Erfurts beschult werden müssen“. Jetzt klammert sich die Stadt an private Investoren, die zumindest die beiden großen Schulstandorte aus dem Schulnetzplan errichten und an die Stadt vermieten sollen.
Einen entsprechenden Prüfauftrag an die Verwaltung hat der Stadtrat verabschiedet. Die Antragsteller CDU und SPD erhielten dabei Rückendeckung von der Mehrwertstadt, der FDP und dem Piraten Peter Städter. Die Gegenwehr war allerdings heftig: Grüne und Freie Wähler wollten den Prüfauftrag noch einmal im Ausschuss bereden. Die Linken lehnen die Partnerschaft mit Privatinvestoren eher grundsätzlich ab.
Tatsächlich sind die öffentlichprivate Partnerschaft und ihre englische Abkürzung PPP nicht unumstritten. Die Illusion, beim Schulbau durch Investoren Geld zu sparen, hat in Erfurt niemand – ein Spareffekt durch möglicherweise effizienteres Bauen würde durch die Gewinnerwartung der Investoren zunichte gemacht.
Den Befürwortern des Antrags geht es vielmehr um den erhofften Zeitgewinn angesichts völlig überlasteter Planungskapazitäten in der Verwaltung. Möglicherweise könnte zudem eine Investition durch Private, die über Jahre durch die Miete zurückbezahlt werden muss, wie ein Kredit funktionieren. Die eigentliche Kreditfähigkeit der Stadt gilt als erschöpft.
„Wer ernsthaft Schulen bauen und sanieren will, muss sagen, wie es geht“, meinte CDU-Fraktionschef Michael Hose in der Sitzung am Mittwochabend. Die Hoffnung mancher Fraktionen, den Schulbau über Schulden zu finanzieren, sei durch das Kreditverbot vom Landesverwaltungsamt geplatzt.
„Wir haben ein Problem und schon sehr viel Zeit verdaddelt“, stimmte ihm Verona Faber-Steinfeld (SPD) zu. „Eltern und Schüler erwarten eine Lösung, sonst erleben wir eine Katastrophe.“
Der Bildungsausschuss-Chef Wolfgang Beese (SPD) gestand ein, dass der Vorschlag auch aus einer Verzweiflung über misslungene Ansätze des Schulbauprogramms und seiner Finanzierung heraus entstanden sei.
„Aber wir sind nicht in der Verfassung, wo wir es uns leisten können, das nicht zu tun“, meinte er. PPP sei eine Säule in einem notwendigen Bündel von Maßnahmen.
Linke: „PPP ist ein Experiment mit unkalkulierbaren Risiken“
Die Linke sieht PPP laut Stadträtin Katja Maurer hingegen als ein „weiteres Experiment mit unkalkulierbaren Risiken“. Statt solche Partnerschaften zu prüfen, solle die Verwaltung lieber am Eigenbetrieb Schulen und an der Umsetzung der Investitionen arbeiten.
Die Geldnot sei nicht das Kernproblem, meinte Maurer. Der Haushalt habe genügend Potenzial für die jährlichen Investitionen, und die vom Land jüngst zur Verfügung gestellten 57 Millionen Euro bis 2024 kämen noch hinzu. Dieses Geld könne doch ausschließlich für die Schulen verwendet werden, regte Maurer an.
„Die eigentlichen Probleme der Stadt sind die zeitnahe Umsetzung der geplanten Schulinvestitionen“, betonte sie. Michael Hose stimmte ihr in diesem Punkt zu: Genau deshalb sollten ja nun Private zum Einsatz kommen.
Oberbürgermeister Bausewein begründete das Auf-der-Stelle-Treten beim Eigenbetrieb mit der fehlenden Ausstattung mit Eigenkapital und erinnerte an die Vorschläge der Verwaltung wie den Kowo-Deal oder den Verkauf der Erfurter Bahn, die alle abgelehnt worden seien. „Ich würde gern mal einen Gegenvorschlag hören“, meinte er.
Die Echos aus dem Kommunalwahlkampf weckten alte Emotionen. Manche Reden hallten regelrecht durch die Thüringenhalle.
Die AfD hingegen frohlockte. „Alle haben das verbrochen, nur wir nicht“, meinte Sascha Schlösser. Und AfD-Fraktionschef Stefan Möller schob das Finanzierungsproblem auf „falsche Prioritätensetzung im Haushalt“.
Indes ist der Eigenbetrieb für die Schulen nicht ganz vom Tisch. Die Verwaltung prüft laut einem Stadtrats-Beschluss zwei Varianten, darunter eine Leichtversion ohne eigene finanzielle Ausstattung.
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