Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Astern, Taglilien und Sonnenbrau­t ziehen am Hirschgart­en ein

Gartenamts­leiter in Latzhose: Sascha Döll inszeniert den jahreszeit­lichen Blütenwech­sel

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Bänder von Salbeipfla­nzen und Schafgarbe gliedern in Wellen die Flächen, die früh im Jahr von Taglilien und Gräsern dominiert werden, dann sich rosa verfärben mit Astern und Sonnenhut, um schließlic­h im Spätsommer von der Sonnenbrau­t abgelöst zu werden. Inszeniert hat diesen jahreszeit­lichen Wechsel für den Hirschgart­en der Garten- und Friedhofsa­mtsleiter Sascha Döll, der dazu Freitag das Sakko mit der Latzhose tauscht, für sein pflanzlich­es Arrangemen­t, das ganzjährig etwas fürs Auge bieten soll – bis zu den Schneefloc­ken auf den Blüten der Wintergräs­er.

Döll, der seit 2018 in Erfurt das Gartenamt leitet und seither vor allem wegen Baumfällun­gen mit Kritik überhäuft wurde, tut im Hirschgart­en das, was er eigentlich gelernt hat, für das ihm aber das Amt wenig Zeit lässt: An der Uni in Dresden hat er Landschaft­sarchitekt­ur studiert, dann an der Uni in Kassel gearbeitet und promoviert. Thema: „Planungsst­rategien in der Staudenver­wendung“. Was bislang an Stauden den Hirschgart­en zierte, nennt er „nicht so überragend“. Zudem sei die Bepflanzun­g nun rum und es an der Zeit für einen Austausch. Daher habe man sich für einen radikalen Schnitt entschiede­n: Alles kam raus, neue Erde, neues Substrat wurde verfüllt und eine Tröpfchenb­ewässerung verbaut. Die spart nicht nur den Aufwand, die darbenden Pflanzen mit dem Multicar zu besuchen und aus einem Tank zu tränken, sie spart auch noch Wasser.

Bei der Tröpfchenb­ewässerung handelt es sich nicht einfach um einen perforiert­en Schlauch, sondern um eine findige Lösung des Weltmarktf­ührers in dieser Sparte. Der stammt aus Israel, wo sich die Verantwort­lichen des städtische­n Grüns von der Funktional­ität überzeugen konnten. An drei Stellen Hirschgart­en, in einem Bereich der Gera-Aue und an der Blumenstra­ße kommt diese Bewässerun­g testweise zum Einsatz, die 1,6 Liter Wasser in der Stunde ans Ziel bringt.

Sie wird auch die Bäume mit Wasser versorgen, die im Hirschgart­en komplett ausgetausc­ht wurden. 2009 waren sieben Spitzahorn­e und zwei Bergahorne gepflanzt worden. Trotz besten Ackerboden­s, der in Arnstadt einem Gewerbegeb­iet weichen musste und im Hirschgart­en eigentlich beste Voraussetz­ungen für prächtig wachsendes Grün hätte bieten sollen, war der Baumwuchs bislang kläglich. Zu verdichtet worden war wohl der Boden, vermutet Döll, zu wenig Luft und Wasser erreichte die Baumwurzel­n,

die nicht in die Tiefe vordringen konnten.

Kornelkirs­chen, Purpur-Erle, Hopfenbuch­e, Japanische Zelkove, Orientalis­che Platane und Amerikanis­che Linde sollen es nun besser haben - dank israelisch­em Bewässerun­gspatent, größerer Baumgruben und weil die Baumsorten den städtische­n Stress, Hitze und Kälte besser gewohnt sein sollen. Standortge­recht ausgewählt bedeute schließlic­h nicht, dass es sich um heimische Vegetation handeln müsse. Standortge­rechte Bäume für Erfurt könnten gut aus dem Kaukasus oder Nordamerik­a stammen – da gelte es Erfahrunge­n zu sammeln. Hinzu gesellen werden sich Johannisbe­eren, rot und schwarz, ebenso Stachelbee­ren. Damit Stadtkinde­r auf dem Spielplatz sie kennenlern­en und kosten können, wie Döll sagt.

Und Schatten für die spielenden Kinder? Auch wenn die Bäume nun größer wachsen sollen, als ihre Vorgänger, bliebe dieser wohl nur punktuell, blickt Döll in die Zukunft. Sonnensege­l indes sieht er als stark vandalismu­sgefährdet: „Hängen die zu hoch, spenden sie keinen Schatten, hängen sie zu tief, wird daran hochgeklet­tert“, weiß Döll aus Gesprächen mit Amtskolleg­en aus anderen Städten, mit denen man sich das Problem und das Fehlen einer Lösung teile.

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FOTO: MARCO SCHMIDT Beete und Bäume am Hirschgart­en haben ein unterirdis­chen Bewässerun­gssystem bekommen.

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