Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Astern, Taglilien und Sonnenbraut ziehen am Hirschgarten ein
Gartenamtsleiter in Latzhose: Sascha Döll inszeniert den jahreszeitlichen Blütenwechsel
Erfurt. Bänder von Salbeipflanzen und Schafgarbe gliedern in Wellen die Flächen, die früh im Jahr von Taglilien und Gräsern dominiert werden, dann sich rosa verfärben mit Astern und Sonnenhut, um schließlich im Spätsommer von der Sonnenbraut abgelöst zu werden. Inszeniert hat diesen jahreszeitlichen Wechsel für den Hirschgarten der Garten- und Friedhofsamtsleiter Sascha Döll, der dazu Freitag das Sakko mit der Latzhose tauscht, für sein pflanzliches Arrangement, das ganzjährig etwas fürs Auge bieten soll – bis zu den Schneeflocken auf den Blüten der Wintergräser.
Döll, der seit 2018 in Erfurt das Gartenamt leitet und seither vor allem wegen Baumfällungen mit Kritik überhäuft wurde, tut im Hirschgarten das, was er eigentlich gelernt hat, für das ihm aber das Amt wenig Zeit lässt: An der Uni in Dresden hat er Landschaftsarchitektur studiert, dann an der Uni in Kassel gearbeitet und promoviert. Thema: „Planungsstrategien in der Staudenverwendung“. Was bislang an Stauden den Hirschgarten zierte, nennt er „nicht so überragend“. Zudem sei die Bepflanzung nun rum und es an der Zeit für einen Austausch. Daher habe man sich für einen radikalen Schnitt entschieden: Alles kam raus, neue Erde, neues Substrat wurde verfüllt und eine Tröpfchenbewässerung verbaut. Die spart nicht nur den Aufwand, die darbenden Pflanzen mit dem Multicar zu besuchen und aus einem Tank zu tränken, sie spart auch noch Wasser.
Bei der Tröpfchenbewässerung handelt es sich nicht einfach um einen perforierten Schlauch, sondern um eine findige Lösung des Weltmarktführers in dieser Sparte. Der stammt aus Israel, wo sich die Verantwortlichen des städtischen Grüns von der Funktionalität überzeugen konnten. An drei Stellen Hirschgarten, in einem Bereich der Gera-Aue und an der Blumenstraße kommt diese Bewässerung testweise zum Einsatz, die 1,6 Liter Wasser in der Stunde ans Ziel bringt.
Sie wird auch die Bäume mit Wasser versorgen, die im Hirschgarten komplett ausgetauscht wurden. 2009 waren sieben Spitzahorne und zwei Bergahorne gepflanzt worden. Trotz besten Ackerbodens, der in Arnstadt einem Gewerbegebiet weichen musste und im Hirschgarten eigentlich beste Voraussetzungen für prächtig wachsendes Grün hätte bieten sollen, war der Baumwuchs bislang kläglich. Zu verdichtet worden war wohl der Boden, vermutet Döll, zu wenig Luft und Wasser erreichte die Baumwurzeln,
die nicht in die Tiefe vordringen konnten.
Kornelkirschen, Purpur-Erle, Hopfenbuche, Japanische Zelkove, Orientalische Platane und Amerikanische Linde sollen es nun besser haben - dank israelischem Bewässerungspatent, größerer Baumgruben und weil die Baumsorten den städtischen Stress, Hitze und Kälte besser gewohnt sein sollen. Standortgerecht ausgewählt bedeute schließlich nicht, dass es sich um heimische Vegetation handeln müsse. Standortgerechte Bäume für Erfurt könnten gut aus dem Kaukasus oder Nordamerika stammen – da gelte es Erfahrungen zu sammeln. Hinzu gesellen werden sich Johannisbeeren, rot und schwarz, ebenso Stachelbeeren. Damit Stadtkinder auf dem Spielplatz sie kennenlernen und kosten können, wie Döll sagt.
Und Schatten für die spielenden Kinder? Auch wenn die Bäume nun größer wachsen sollen, als ihre Vorgänger, bliebe dieser wohl nur punktuell, blickt Döll in die Zukunft. Sonnensegel indes sieht er als stark vandalismusgefährdet: „Hängen die zu hoch, spenden sie keinen Schatten, hängen sie zu tief, wird daran hochgeklettert“, weiß Döll aus Gesprächen mit Amtskollegen aus anderen Städten, mit denen man sich das Problem und das Fehlen einer Lösung teile.