Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Stadtspitze drängt auf Bau der Edel-Brücke
Trotz gestiegener Kosten soll das Promenadendeck am Schmidtstedter Knoten bald begonnen werden
Erfurt. Das Promenadendeck über Flutgraben und Stauffenbergallee soll trotz deutlich gestiegener Kosten nun doch zeitnah gebaut und voraussichtlich dieses Jahr begonnen werden. „Es ist die einzige Maßnahme der Stadt für die ICE-City Ost“, sagt Stadtentwicklungsdezernent Tobias Knoblich (parteilos). „Ein zeitnaher Bau ist unverzichtbar.“Die moderne Rad- und Fußgängerbrücke auf zwei Ebenen würde die vorhandene marode Brücke ersetzen und zugleich als Eingangstor für die ICE-City Ost am alten Güterbahnhof fungieren. Das Projekt war mit 8,6 Millionen Euro veranschlagt. Bei der Ausschreibung ergab sich eine knapp 3 Millionen Euro höhere Summe. Noch vor einem Monat hatte Baudezernent Alexander Hilge (SPD) deshalb „Bauchschmerzen“in der Stadtspitze eingestanden. Er schloss damals eine neue Ausschreibung oder eine Verschiebung der Maßnahme nicht aus.
Allerdings fördert das Land den Bau mit 80 Prozent. Diese Zusage gelte nun auch für die Mehrkosten, meint Knoblich und spricht von einer Fördersumme von 9,2 Millionen Euro. Schließt sich das Förderfenster, sei es kaum wahrscheinlich, so eine Summe noch einmal zu bekommen. „Es ist keine einfache Brücke“, begründet Knoblich die gestiegenen Kosten. Auch der bedenkliche Zustand der aktuellen Brücke spreche für einen baldigen Bau. Die neue Brücke sei zudem nicht nur das erste sichtbare Zeichen für die ICE-City, sondern auch ein „Versprechen an die Partner“.
Die LEG will den Güterbahnhof für Bürogebäude entwickeln, mit denen auch Wirtschaftsansiedlungen verbunden werden. Die Bahn möchte einen Verwaltungsbau für 500 Mitarbeiter auf die Fläche setzen. Ein Investor plant jeweils ein Hotel- und ein Bürohochhaus am Schmidtstedter Knoten, die durch das Promenadendeck verbunden werden. Sie alle würden sich auf den Bau der Edel-Brücke verlassen, sagt Knoblich.
„Der Entwicklungsprozess für die ICE-City Ost wurde mühsam über Jahre aufgebaut“, sagt Knoblich. Es sei die wichtigste Flächenreserve, wenn es darum geht, wirtschaftlich vom ICE-Knoten zu profitieren. „Wenn wir das jetzt abschmieren lassen, bleibt uns nur noch die ICE-City West, aber die ist zu klein und mit Denkmalen bebaut“, betont Knoblich. Darüber hinaus handele es sich um ein „Jahrhundertbauwerk“. „Was die Krämerbrücke für das Mittelalter war, ist das Promenadendeck für uns“, meint Knoblich. Die Bauzeit wird auf zwei Jahre geschätzt. Knoblich argumentiert sicher auch deshalb so leidenschaftlich, weil der Stadtrat noch ein Wörtchen mitzureden hat. Am 15. Juli stimmt er über den so genannten Beitrittsbeschluss ab.
Dabei geht es um den Nachtragshaushalt. Laut Landesverwaltungsamt tritt er erst in Kraft, wenn die Stadt die Summe der Verpflichtungsermächtigungen um 105 Millionen Euro reduziert. Mit solchen Ermächtigungen werden Ausgaben in folgenden Jahren garantiert, obwohl für diese Jahre noch kein Haushalt aufgestellt ist. Aufträge können deshalb schon jetzt ausgelöst werden. Fasst der Stadtrat den
Beitrittsbeschluss, tritt der im Februar beschlossene Nachtragshaushalt automatisch in Kraft. Allerdings ist mit dem Beschluss eine Streichliste verbunden, die Verpflichtungsermäßigungen für zahlreiche sicher geglaubte Investitionen in der Stadt auf 0 setzt.
„Es ist keine Streichliste“, präzisiert Dezernent Hilge. Die meisten der betroffenen Projekte seien ohnehin noch nicht so weit, dass jetzt schon Aufträge ausgelöst werden könnten. Über Projekte ohne Verpflichtungsermächtigung müsse nun aber „immer wieder neu entschieden“werden, räumt Hilge ein.
In der Liste der Verwaltung ist das Promenadendeck nicht von der Streichung betroffen. Die Garantie der Finanzierung sei genauso im Beitrittsbeschluss enthalten wie „die Voraussetzungen, die höheren Kosten zu decken“, bestätigt Finanzdezernent
Steffen Linnert (SPD). Konkrete Projekte, die dieser Priorisierung zum Opfer fallen, sehen die drei Dezernenten kaum. Einzig die Erweiterung des Naturkundemuseums, für die es weder eine finale Lösung noch gesicherte Fördermittel gebe, müsste sich laut Tobias Knoblich noch länger gedulden. „Aber alles, was im Haushalt für die nächsten Jahre angemeldet ist, bleibt notwendig“, betont Alexander Hilge und setzt auch auf neue Investitionsprogramme von Bund und Land.
Die eigentliche Diskussion darüber, welches Projekt angesichts der gesunkenen Kreditwürdigkeit der Stadt in welchem Jahr umgesetzt werden kann, werde mit dem Haushalt 2021 geführt. Behält das Promenadendeck seine Verpflichtungsermächtigung, bleibt es bei den Spar-Diskussionen außen vor.