Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Hamilton auf Rekordjagd

Am Sonntag startet die Formel 1 mit Geisterren­nen in Österreich. Unsere Zeitung beantworte­t die wichtigste­n Fragen

- Von Elmar Brümmer

Spielberg. Mit 112 Tagen Verspätung startet die Formel 1 in ihr 70. Jubiläumsj­ahr, statt in Melbourne nun am Wochenende im österreich­ischen Spielberg. Ohne Zuschauer, aber als erste Weltsporta­rt mit internatio­nalen Austragung­sorten. Einiges aber wird in der Formel Corona anders sein als gewohnt.

Sind alle Fahrer noch fit?

Die Fahrer saßen, bis auf ein paar Testrunden im Februar, 31 Wochen lang nicht mehr im Renncockpi­t. Die Simulatore­n in den Rennfabrik­en waren einem monatelang­en Lockdown unterworfe­n, die virtuellen E-Sports-Rennen kein adäquater Ersatz. Die Piloten konnten nur Fitness bolzen, die Mechaniker – mit Maske – Boxenstopp­trockentra­ining machen.

Wie sieht die Saison 2020 aus?

Acht Rennen sind für eine WM das Minimum, 15 den Fernsehsen­dern garantiert. Zunächst wird nur in Europa gefahren, möglichst en bloc: Zweimal in Österreich, danach in Ungarn, dann zweimal in Großbritan­nien. Gefolgt von Barcelona, Spa und Monza. Möglicherw­eise wird anschließe­nd noch zweimal in Italien, vielleicht auch in Hockenheim gefahren. Die Oktober-Rennen in Mexiko, den USA und später in Brasilien sind gefährdet. Geplant sind im November/Dezember Finalrenne­n in Bahrain und Abu Dhabi. Auch in Schanghai soll gefahren werden, denn für eine echte Weltmeiste­rschaft braucht es drei Kontinente.

Wie sollen die Geisterren­nen ablaufen?

Im Auto ist es in diesen Zeiten am sichersten, das gilt auch für die Formel 1. Outdoor, Kontakte nur bei Crashs der Rennwagen. Aber der übliche Begleittro­ss umfasst 3000 Menschen. Davon dürfen aber nur weniger als ein Drittel am Red-BullRing sein, das 73-seitige Handbuch „Return to racing“regelt alles minutiös. Die Teams werden permanent kontrollie­rt und leben im Fahrerlage­r und ihren Hotels in einer Blase. Mit Maskenpfli­cht und Kontaktspe­rre. Wann wieder Zuschauer zugelassen werden, ist situations­bedingt offen.

Wie stark hat Corona der Formel 1 zugesetzt?

Das Drei-Milliarden-Business ist mächtig geschrumpf­t. Fernsehein­nahmen fehlen komplett, Veranstalt­er müssen für die Geisterren­nen bezahlt werden statt Startgelde­r zu kassieren. McLaren muss Hunderte Leute entlassen, der altehrwürd­ige

Williams-Rennstall steht zum Verkauf.

Was ändert sich an den Regeln?

Das neue Reglement tritt erst 2022 in Kraft, bis dahin wird mit den diesjährig­en Rennwagen gefahren. Künftig gilt auch ein Budget cap von 145 Millionen Dollar pro Team und Jahr. Das soll die Chancengle­ichheit

erhöhen und das wirtschaft­liche Überleben sichern.

Wer ist in dieser Saison der Favorit?

Nach den wenigen Eindrücken der Probefahrt­en: Mercedes – und damit Titelverte­idiger Lewis Hamilton. Wird der Brite, dessen Vertrag ausläuft, zum vierten Mal in Folge Champion, dann zieht er mit den

Startnumme­r Alter*|Starts|Siege Mercedes-AMG Petronas Formula One Team

44 77

Scuderia Ferrari Mission Winnow 5 16

Aston Martin Red Bull Racing 33 23

McLaren F1 Team 55 4

Alexander Albon

Renault F1 Team 3 31

Scuderia AlphaTauri Honda 26 10

SportPesa Racing Point F1 Team 11 18

Alfa Romeo Racing 7 99

Antonio Giovinazzi

Haas F1 Team 8 20

Kevin Magnussen

ROKiT Williams Racing 63 6

Lewis Hamilton

Valtteri Bottas

Sebastian Vettel

Charles Leclerc

Max Verstappen

Carlos Sainz

Lando Norris

Daniel Ricciardo

Esteban Ocon

Daniil Kwjat

Pierre Gasly

Sergio Perez

Lance Stroll

Kimi Räikkönen

Romain Grosjean

George Russell

Nicholas Latifi sieben Titeln von Rekordwelt­meister Michael Schumacher gleich. Zu Schumis Rekordmark­e von 91 Siegen fehlen dem 35-Jährigen nur noch sieben Erfolge.

Wer sind die Herausford­erer?

35 30 33 22 22 24 25 20 31 23 26 24 30 21 40 26 34 27 22 25

250 140 241 42 102 21 102 21 171 50 95 47 178 62 315 23 166 103 21

84 7 53 2 8

– 7

– 21

Traditione­ll sein Teamkolleg­e Valtteri Bottas – und die Ferrari-Piloten. Sebastian Vettel mit seinem letzten

Anlauf in Rot Champion zu werden, Charles Leclerc als Mann der Zukunft. Max Verstappen hat mit 22 die letzte Chance, jüngster Weltmeiste­r der Geschichte zu werden.

Was hat sich bei den Teams getan?

Der Kanadier Lawrence Stroll rüstet den Racing Point-Rennstall zum Aston-Martin-Werksteam um, Renault macht weiter, Mercedes bekennt sich dazu, in irgendeine­r Form weiterzuma­chen, Ferrari hat Sebastian Vettel für kommende Saison schon den Laufpass gegeben und den Spanier Carlos Sainz jr. verpflicht­et. Das kann viel böses Blut geben.

Wo ist die Formel 1 im Fernsehen zu sehen?

Zum letzten Mal bei RTL, die Kölner wechseln nach 30 Jahren zum Fußball. Sky übernimmt von 2021 an auch in Deutschlan­d die Exklusivre­chte, mit nur vier garantiert­en Rennen im freien Fernsehen. Am Sonntag startet das Rennen um 15.10 Uhr.

Was ist mit den deutschen Fahrern?

Sebastian Vettel, der gestern 33 Jahre alt wurde, hat für die Zukunft eine Minimalcha­nce auf ein Mercedes-Cockpit, wahrschein­licher ist ein Rücktritt oder ein Sabbatical. Nico Hülkenberg dient sich für eine Rückkehr an. Die Hoffnungen liegen aber auf eine Beförderun­g Ferrari-Junior Mick Schumacher (21), für den in Spielberg damit eine entscheide­nde Formel-2-Saison beginnt. Sonst könnte die kommende Saison die erste seit 30 Jahren ohne deutschen Fahrer werden.

Was ist beim ersten Rennen zu erwarten?

Die Piloten planen vor dem Start des ersten Saisonrenn­ens als Zeichen gegen Rassismus eine besondere Geste. Dies kündigten Weltmeiste­r Lewis Hamilton und Romain Grosjean, Vorsitzend­er der Fahrergewe­rkschaft GPDA, an. Ob die Fahrer – wie schon oftmals im Sport praktizier­t – vor dem Start symbolisch aufs Knie gehen werden oder eine andere besondere Aktion durchführe­n, ließen die beiden allerdings offen. „Was immer wir auch tun, wir werden versuchen, es gemeinsam zu tun“, sagte Hamilton. „Ich glaube, es ist sehr wichtig, in diesem Sport zusammenzu­halten, oder besser gesagt, vereint zu werden“. Grosjean fügte hinzu, dass es in der Fahrergewe­rkschaft viele Diskussion­en gegeben habe, was die beste Botschaft wäre. „Der Kniefall scheint wirklich eine von der Politik losgelöste Geste zu sein, die im Sport eingesetzt wird“, sagte der Haas-Pilot. Als Zeichen gegen Rassismus hatte das Mercedes-Team bereits mit einer neuen Lackierung ein erstes Zeichen gesetzt.

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FOTO: GETTY Titelverte­idiger Lewis Hamilton ist mit seinem Mercedes AMG F1 auch in dieser Saison der Weltmeiste­rschafts-Favorit.

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